Direkt zum Hauptbereich

Eurovision-Songtextkritik: Zypern - Was ich hätte tun sollen

Ein zwanzigjähriger Zypriote hat eine dickrandige Brille auf und einen Plan. Alles singen die immergleichen Liebeslieder, da muss man doch mal ein 'anderes' Liebeslied dagegensetzen. Wo es nicht immer nur um das gleiche Zeug geht, den Flug zum Himmel, die Augen als Sterne. Es braucht da mal eine originelle Wendung, eine Pointe - dann zerplatzen all diese albernen Liebeslieder vor dem einen komischen Lied. So der Plan, den er im Kurzinterview durchscheinen lässt. Er will uns ultimativ überraschen:

Heute regnet es,
mir ist kalt, und ich 
bin neben der Spur, ohne dich.
Mein Kopf dreht sich wie verrückt
zu der Zeit zurück, als wir… alles mögliche am Laufen hatten.

Nicht schon wieder, denke ich, sagt doch einfach mal, was ihr gemacht habt. Wart ihr ein Eis essen, spazieren, im Supermarkt einkaufen, in der Kiste, beim Tierarzt?

Jetzt liegt meine Welt in Scherben,
wie schnell sich das Leben ändern kann.

Ich hab immer alles für dich getan,
gab dir mein Herz, du gabst mir deins,
und hast mir das Gefühl gegeben, jemand zu sein,
aber eine Sache, die hätte ich wirklich machen sollen…

Herzchen raus, Herzchen rein, das kennen wir alles, bis hierhin unterscheidet sich das Lied von keiner beliebigen Liebesliednummer, die er überwinden will. Noch eine Strophe und noch einen Refrain lässt er die Zuhörer zappeln, die schon ganz unruhig werden. Was ist es bloß, das er hätte tun sollen? Wir sind alle so gespannt... Es gibt einen musikalischen Wechsel, der Sänger zieht die Augenbrauen zusammen, als würde er selbst über die Frage noch einmal nachdenken müssen, dann hellt sich sein Gesicht auf: “Ach ja!”


Ich hätte für dich da sein sollen
Ich hätte für dich da sein sollen
Ich hätte für dich da sein sollen
ich hätte überhaupt da sein sollen

Ich habe nicht alles für dich getan,
aber ich habe es wirklich versucht, das ist die Wahrheit,
hätte dir das Gefühl geben sollen, jemand zu sein,
aber eine Sache, die hätte ich wirklich machen sollen…

Beinahe alles habe ich für dich getan,
aber dein Herz gebrochen, jetzt ist meins auch kaputt,
als du mich gebraucht hast, bin ich nicht gekommen,
das ist die Sache, die hätte ich wirklich machen sollen...

Das Lied klingt schmissig, der Zypriote nett. Der Plan aber, das Liebesliedgut zu revolutionären ist vermutlich ein ganz kleines bisschen zu hoch gegriffen. Nur weil der Liebesliedsänger einmal einsieht, dass er selbst auch ein bisschen Schuld an der Misere hat, ändert das nichts an den sieben Standard-Wolken, die hier alle sonst auf ihre Musiktuschepilder pinseln wie eifrige Schulkinder.
Außerdem kenne ich mich mit Pointen aus, die ein bisschen zu ruhig sind, um als solche wahrgenommen zu werden. Das ist so eine.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 3.7. (20 Uhr) mit Michael-André Werner und June Kater

Nachträge Welsnachrichten (von Frank Sorge)   Welsnachtrichten II Meine innere Redaktion hat einem Gerücht zu viel Glauben geschenkt, der erschossene Wels in Bayern wird nicht bis Oktober eingefroren oder geräuchert, er ist vielmehr schon längst auf der Speisekarte, kostet 22,50 pro Filet und wird serviert mit Sommergemüse und Kräuterkartoffeln. Rund 120 Filets sind es geworden, und sie sind vermutlich schneller verspeist, als man nochmal nachgucken kann. Das Restaurant heißt ‘Zum goldenen Lamm’ und das Welsfleisch soll eine Konsistenz wie zartes Kalb haben.   Welsnachrichten III Im Garten eines Kaffeehauses in Wels in Österreich hat eine Frau den epileptischen Anfall eines Mannes gefilmt. Dem Mann wurde schnell durch Anwesende geholfen, die Frau hörte aber auch nach Aufforderung nicht auf, den Mann zu filmen. Sie dokumentiere nur, was mit Geimpften passiere, erklärte sie ihr Tun und so wird das Video dann wohl auch bald im Internet zu finden sein. Wels ist mit 65.000 Bewohne...

Brauseboys am 10.7. (20 Uhr) mit Danny Dziuk und Matthias Hufnagl

Die Welsnachrichten reissen nicht ab   Welsnachrichten IV (von Frank Sorge)   Der Wels schlägt zurück am Brombachsee. Kaum sind die 120 Filets des erschossenen Fisches verspeist, gab es erneut einen Welsangriff an einer Badeinsel. Die AfD versucht mit einer Anfrage an die Fischereibehörden Stimmung zu machen, aber die Vornamen der auffälligsten Welse sind Michael, Andreas und Thomas. Man hatte mit den ach so typischen Welsnamen Waldemar, Walter und Wanda gerechnet.  Welse leben auch in den Berliner Badeseen, vor allem im Schlachtensee und der Krummen Lanke. Der dort ansässige Wels e.V. hievt wohl fünfzig Welse pro Jahr aus dem Wasser auf den Grill, ohne dass weltweit Memes dazu entstehen oder Proteste losgeschlagen werden.   Die Welslage (von Heiko Werning)   Droht jetzt ein „dritter Welskrieg“, wie die Zeit fragte? Immerhin sieht man dort in der klassischen Sommerlochgeschichte über Welse, die gerade mit einer gewissen Hartnäckigkeit fränkische Badegäste anrasp...

Brauseboys am 17.7. (20 Uhr) mit Jakob Hein und Sedlmeir

Trau keiner KI (von Frank Sorge)   Nach dem Debakel von letzter Woche, als Elon Musks KI Grok, befreit von den ‘Fesseln der Wokeness’, unter anderem Erdogans Mutter beleidigte, wurde direkt die nächste Version vorgestellt, Nummer 4. Also ist klar, warum Musk die Version 3 spontan radikalisierte, weil sie ohnehin kurz vor dem Austausch stand. Das ist sogar recht logisch, aber nicht, um den Schaden zu begrenzen. Mit einem solchen Gedanken verliert der reichste Mann der Welt keine Zeit, es war nur ein weiterer Test, um zu erkennen, was man anders oder unauffälliger machen muss, damit die KI rechtslastig argumentiert. So wird jetzt berichtet, dass der neue Grok bei diversen Anfragen zu kontroversen Themen auf dem Weg zu einer Antwort erst einmal Elons eigene Sicht der Dinge auf Twitter abfragen und entscheidend relevant verarbeiten muss. Das ist lächerlich und gefährlich zugleich. Denn eine Information fehlt noch, Grok soll künftig in den US-amerikanischen Behörden mitarbeiten, zuvord...