Direkt zum Hauptbereich

ESC-Liedtextkritik: Tanz der Klischees - Dänemark

Das Siegerland des letzten Jahres, wer war das eigentlich, ach ja, die kleine Frau mit der Tischdecke als Kleid, es war Dänemark. Eine Wiederholung ist mit dem diesjährigen Lied jedoch ausgeschlossen, der Sänger Basim bricht nämlich unausgesprochene Regeln. Er nennt sein Lied “Ein Klischee-Liebeslied”, aber das darf er nicht, denn natürlich sind alle Lieder hier Klischee-Liebeslieder. Meta ist immer auch Netzbeschmutzung, man führt nicht einfach Theaterzuschauer hinter den Vorhang. Und wenn, weil man sich dahinter auskennt. Ein erster Blick in den Text:

“Ich traf diese Dame - Dame
und sie sah so heiß aus.
Aber sie war schräg - schräg
alle Zeichen auf Partytime.”

Die Liebe ist ein seltsames Spiel, mit Liebe hat das aber nicht viel zu tun. Nicht mal mit Klischees, aber die kommen ja vielleicht noch.

“Und Kürzlich - kürzlich
fühlte ich mich so komisch, falsch,
so flaky und shaky,
wenn die Sonne untergeht.”

Man wird direkt sauer, da hat jemand einen Meta-Song versprochen, und dann kommt diese unvergesslichen Zeilen dabei heraus:

“Yeah Boom Boom Boom
wenn sie den Raum betritt
pfeifen sogar die Mädchen - pfeifen
Ich weiß, sie ist schwer zu kriegen,
sie ist ein besonderes Mädchen.”

Wie alt ist der Junge da eigentlich, der von Liebesklischees singen will, aber doch so wirkt, als hätte er mit ein paar Jahren Verspätung die Freuden der Selbstbefriedigung entdeckt. Erst fühlte er sich so komisch:

“Es fühlt sich an wie
Skupa duba dabda dididai
Skupa duba dabda dididai”

Dann wie:

“Oh oh oh - hey
Oh oh oh - hey
Oh oh oh - hey.
Noch ein Klischee, Baby.”

Am Schlusspunkt der Wichsphantasie, die hier klischeehaft für Liebe stehen soll, muss Basim dann mangels eigener Erfahrungen Pornobilder und Promis bemühen:

“Wie Katy Perry - so sexy
sie könnte ein glückliches Mädchen küssen.
Schmeckt wie Kirsche - Kirsche,
ja, sie kann dich komplett aufwühlen,

Wolke Sieben - sieben,
das habe ich noch nie gefühlt.
Sie hat mich dem Himmel näher gebracht.
Oh my God - los gehts!”

Auf dem Höhepunkt dann noch ein paar Mal
“Oh oh oh - hey” und
“Skupa duba dabda dididai”
bis zur finalen Ernüchterung:

“Was soll ich tun,
gib mir einen Hinweis.
Noch ein Klischee, Baby,
jetzt fühle ich mich traurig,
ich muss irgendwie zu dir durchdringen.
Ja, genau.”

Was einfach bedeutet, er findet sie geil und konnte sie bislang nicht ansprechen. Zum Glück gibts ja andere Lösungen, sich zwischendurch mal mit etwas Traurigkeit das Mützchen zu kühlen.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 18.7. (20 Uhr) mit Susanne M. Riedel, Uli Hannemann & Josias Ender

Kein Boom in Sicht (von Frank Sorge)   Ich kenne einen Ort in Brandenburg, der einen schönen kleinen Bahnhof hat. Es ist fast das Ende einer Bahnstrecke und viele Menschen wohnen hier nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Strecke verkürzt und der Bahnhof fing an zu überwuchern. Gegenüber war jetzt eine Bushaltestelle, die stündlich eine Anbindung an das neue Ende der Bahnstrecke bot. Wirtschaftlich war das offenbar auch nicht, erst wurden die Busse verkleinert, dann ein 2-Stundentakt daraus gemacht. Es sind mindestens zehn oder fünfzehn Jahre seit der Streckenverkürzung ins Land gegangen, am Sonntag fährt fast kein Bus mehr. Der Bahnhof ist immer noch schön, jetzt vor allem schön verwittert. Die ganze Gegend hat sich kaum verändert in den fast dreißig Jahren, die ich den Ort kenne, mal abgesehen vom großen Logistikcenter und seinen LKWs. Dabei ist es nah an Berlin, wo doch sonst alles boomt. Profitiert hat von der Streckenverkürzung mutmaßlich niemand, es wurde nur immer sc...

Brauseboys am 4.7. (20 Uhr) mit Ahne und dem Kreuzmusik-Duo

Zeitstrudel (von Frank Sorge)   Auch im Wedding merkt man, dass die Ferienzeit beginnt. Überall ortsfremde junge Menschen mit Reiserucksäcken, in der Liebenwalder am Hostel heute ein ständiger Strom von Abiturientinnen und Abiturienten aus anderen Bundesländern. Der traditionelle Berlinbesuch zum Schulabschluss, er besteht offenkundig fort.  Als ich spät noch zwei Bier vom Späti hole, kommen sie mir auf dem Rückweg entgegen. Erst gucken sie mich verstohlen an, den wirren Streuner mit den zwei Bierflaschen, vor den leuchtenden Fenstern von Falafelladen und Casino, dann sehen sie hinter mir die kleine Spätkauf-Arena, die sich vor dem Laden draußen um den Fernseher gebildet hat. Denn es ist EM und ein Türkei-Spiel, und wenn es der Öffentlich-Rechtliche Fernsehfunk nicht zeigt, dann macht es der Spätkauf und kein Anwohner und kein Ordnungsamt löst die Arena auf, Ehrensache! Aber es ist lustig, wie die Augen der jungen Berlinbesucher aufgerissen sind. Als würden sie dahinter denke...

Brauseboys am 20.6. (20 Uhr) mit Tilman Birr & Yunas im Haus der Sinne

Isla del Balkonia (von Frank Sorge)   Was soll ich auf der Alm, im Diesel-Traktorqualm? Was zieht dich noch nach Sylt, der braune Strand? Dass man im Wedding besser chillt, liegt wohl auf der Hand.   Überhaupt in der Natur, störst du im Zweifel nur. Zertrampelst Käfer auf Waldwegen, scheuchst Rehe ins Gebüsch, bist jedem Mückenschwarm erlegen auf der Jagd nach fremden Fisch.   Ich häng heute lieber schlapp auf Isla del Balkonia ab. Im Schatten der Hängegeranien, mit Windrad, Hanfblüte und Grill, ein Buch über Transsylvanien, und mittags schon ein Promille. ­ Brauseboys am Donnerstag, 20.6. (20 Uhr) mit Tilman Birr & Yunas   Haus der Sinne (Ystader Str. 10)   Oleole, das Lesebühnenfieber hält an! Die emotionalsten Texte, die schnellsten Pointenjäger, jede Begegnung ein Knüller, Public Hearings, sympathische Mannschaften, ein Sommerliteraturmärchen! Wir haben sportliche, neue Texte geschrieben und beabsichtigen, diese in der Euphoriekurve des Stadions Haus de...