Direkt zum Hauptbereich

Eurovision-Textkritik 2011

Der weltweit größte Liederwettbewerb glänzt seit vielen Jahrzehnten nicht unbedingt durch gute Lieder. Das betrifft die Musik gleichermaßen wie die Texte, und eigentlich auch alle jemals dort stattgefundenen Darbietungen. Was am Eurovision Song Contest auf jeden Fall glänzt, sind die Rest-Pailletten an den schön schwingenden und wohlgeformten Unterkörpern der Hüpfdohlenindustrie, aber von denen soll hier nicht weiter die Rede sein. Wie seit vielen Jahren richte ich den Blick auf die eher selten wahrgenommenen Liedtexte.

Armenien

(Leider und unerwartet schon im Halbfinale ausgeschieden)


Die ersten Proben in Düsseldorf, zeigen, dass die optischen Aussetzer in diesem Jahr offenbar rar gesät sind, Armenien aber füllt die Lücke vorbildlich aus. Die junge Hüpfdohlenindustriesängerin Emmy sitzt in einem riesigen Boxhandschuh, ihr Lied hat den passenden und vielversprechenden Titel: Boom Boom. Sie trägt einen typischen Trainingsmantel mit Kapuze, den sie aber bald abwerfen darf, um den Blick auf den schön schwingenden und wohlgeformten Unterbau freizugeben.

“Tage und Nächte gehen ins Land,
lange Stunden rennen fort,
aber wir kämpfen noch.
Ay Ay Ay”

Vermutlich ist es Kampfgeschrei, sind es Urlaute der Aggression, die sie uns entgegenruft.

“Die Liebe glänzt immer noch,
warum sollten wir es leugnen?
Ich weiß wirklich nicht warum?
Ay Ay Ay”

Wir Zuhörer können die Frage auch nicht beantworten, denn sie kam etwas plötzlich. Ein paar zusätzliche  Informationen wären ganz hilfreich, um die Situation einschätzen zu können. Aber Emmy hat dafür keine Zeit, sie will offenbar einfach möglichst schnell zur Sache kommen.

“Komm, nimm meine Hand, sei nicht scheu (sei nicht scheu),
wir machen was, was gute Laune macht.

Boom Boom
Chucka Chucka
Deine Küsse sind wie

Boom Boom
Chucka Chucka
deine Liebe ist wie”



Wie jetzt genau, kann bei all dem Boom Boom und Chucka Chucka nicht vernünftig geklärt werden. Auch sonst muss nichts mehr geklärt werden, der Text hat seinen Höhepunkt schon erreicht.

“Wenn du willst, können wir fliegen
hoch in den Himmel-mel.
Nur du und ich
Ay Ay Ay

Du bist der stärkste Kämpfer
(Boom Boom Boom)
du bist mein König, yeah
(ich bin verliebt)
Zeit mich im Ring der Liebe zu gewinnen, Baby

Boom Boom
Chucka Chucka”

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 18.7. (20 Uhr) mit Susanne M. Riedel, Uli Hannemann & Josias Ender

Kein Boom in Sicht (von Frank Sorge)   Ich kenne einen Ort in Brandenburg, der einen schönen kleinen Bahnhof hat. Es ist fast das Ende einer Bahnstrecke und viele Menschen wohnen hier nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Strecke verkürzt und der Bahnhof fing an zu überwuchern. Gegenüber war jetzt eine Bushaltestelle, die stündlich eine Anbindung an das neue Ende der Bahnstrecke bot. Wirtschaftlich war das offenbar auch nicht, erst wurden die Busse verkleinert, dann ein 2-Stundentakt daraus gemacht. Es sind mindestens zehn oder fünfzehn Jahre seit der Streckenverkürzung ins Land gegangen, am Sonntag fährt fast kein Bus mehr. Der Bahnhof ist immer noch schön, jetzt vor allem schön verwittert. Die ganze Gegend hat sich kaum verändert in den fast dreißig Jahren, die ich den Ort kenne, mal abgesehen vom großen Logistikcenter und seinen LKWs. Dabei ist es nah an Berlin, wo doch sonst alles boomt. Profitiert hat von der Streckenverkürzung mutmaßlich niemand, es wurde nur immer sc...

Saisonauftakt! Brauseboys am 5.9. (20 Uhr) mit Ruth Herzberg & Frau Rotkohl

Die Wahlergebnisse (von Frank Sorge)   Stillstand. Spaltung. Scham. Trotz. Winterurlaub im Erzgebirge fällt eher aus. Bangen um Brandenburg. Wird es Braunenburg? Mauer um Berlin doch eine Option? Mauer im Kopf ausreichend. Brandmauer nicht. Täuschung und Enttäuschung. ­ Brauseboys am Donnerstag, 5.9. (20 Uhr) mit Ruth Herzberg und Frau Rotkohl   Haus der Sinne (Ystader Str. 10)   Das war sie also, unsere Sommerpause, und jetzt ist sie nicht mehr. Wir haben uns so was von erholt und strotzen vor Energie und Tatendrang. Was diese Solarenergie alles kann, es ist erstaunlich. Also reden wir nicht lang drumherum, der Saisonauftakt steht schon vor der Tür - in dieser Woche! Dann geht es weiter jeden Donnerstag im Haus der Sinne mit fangfrischen Texten, handwarmen Liedern und sprudelnder Heiterkeit. Wie immer mit fabulösen Gästen, zum Start freuen wir uns auf intensiv-ironische Texte von Ruth Herzberg und freimütig-alberne Lieder von Frau Rotkohl .

Brauseboys am 11.7. (20 Uhr) mit Martin Hyun & Herr Horst

Premium-Service (von Frank Sorge)   Der Paketbote schickt mich mal wieder durch den Kiez, mal dorthin, mal rundherum durchs Dorf und in die Binsen. Jemand hat ganz offenbar nicht den Job, den jemand machen möchte, denn hier im Haus ist eigentlich immer jemand da, im Zweifel ich. Natürlich kann ich ein Klingeln überhören, aber wenn das monatelang nicht vorkommt, und dann plötzlich in Serie, wird der Herr Kommissar stutzig. Wo waren Sie um 13:47 Uhr am Samstag? Leider steht Aussage gegen Aussage. Die letzte Nuss war hart zu knacken. Die Behauptung, bei der Zustellung wäre etwas schiefgegangen, ein angekündigter nächster Versuch, der nie unternommen wurde, dann in mittlerweile geübter Eigenrecherche und nach mehreren Irrwegen eine mögliche Adresse, wo es hinterlegt war. “Ich hatte etwas Mühe, im Internet herauszufinden, dass mein Paket vermutlich bei Ihnen ist”, sage ich der freundlichen Berlinerin hinter dem Tresen. “Allet klar, ick brauch nur ihr’n Ausweis.” “Bitte! Kam kein Bote, ...