Noch ein Nachtrag zu meinem Gema-Senf. Darin hatte ich unter anderem über die Situation des kleinen Vereinslokals geschrieben, für das ich die GEMA-Angelegenheiten regele. Bisher ging ich blauäugig davon aus, dass wir als Kleinveranstalter von der Tarifreform profitieren, bzw. so klein sind, dass sich unter dem Strich gar nichts ändert. Inzwischen bin ich einen Schritt weiter. Wir werden doch getroffen. Und zwar volle Breitseite.
Entlastet wird wohl nur der Kleingartenverein mit seinem jährlichen Sommerfest oder ähnliche Einzelveranstalter. Wer hingegen regelmäßig veranstaltet, hatte bislang Jahrespauschalverträge. Diese werden zum 1.1.2013 ersatzlos abgeschafft – ein Umstand, der in keiner der schönen Vergleichsrechungen der GEMA auftaucht.
Für die Fachleute unter den Lesern: Der Tarif M-U III 1b fällt weg. "Tonträgerwiedergabe mit Veranstaltungscharakter und ohne Tanz". Den gab es in den Kategorien bis 16 und über 16 Veranstaltungstage im Monat. Im Grunde war das eine Art GEMA-Flatrate für Veranstalter. Man zahlte einen Jahresbetrag, und damit war quasi jegliche Musiknutzung abgegolten, die weder Tanz noch Konzert war, inklusive der sogenannten Hintergrundmusik. Zukünftig muss jeder Veranstaltungstag einzeln abgerechnet werden!
Die Kategorie „Veranstaltungen ohne Tanz“ wird auf gleichem Wege ersatzlos gestrichen.
Das trifft das Kneipenquiz mit 2€ Eintritt, das Speeddating im Club, das Gratistransenschingelschangel in der Gaybar ebenso wie den Veranstalter von queeren Sexpartys oder den Galeriebetreiber, der regelmäßig Vernissagen ausrichtet. Jede Veranstaltung, bei der Musik läuft, ohne dass die Musik im Mittelpunkt des Geschehens stünde und die Besucher ihretwegen kämen, wird zukünftig wie ein bumsvolles Tanzlokal abgerechnet (mit allen Aufschlägen, die ich in meinem ersten Blogeintrag beschrieben habe).
Wir haben das für unseren Verein mal ganz konkret durchgerechnet, und zwar ohne DEHOGA-Tarifrechner, sondern wirklich nur anhand von unseren GEMA-Rechungen und den bisher vorliegenden Tarifinformationen. Hier das niederschmetternde Ergebnis:
GEMA-Kosten
(netto) für ein Vereinslokal (75qm, Netto-Jahresumsatz: 31.000€*)
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2011
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ab
1.1.2013
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459,70€ Pauschalvertrag für
Hintergrundmusik mit Tonträgern und Veranstaltungscharakter ohne Tanz (Tarif
M-U III 1b)
+ 91,94 € (20% GVL-Aufschlag)
+ 229,85 € Aufschlag für selbst
erstellte Tonträger (50%)
+ 22,96 € GVL-Aufschlag für
selbst erstellte Tonträger (10%)
= 827,46€
+ 87,20€ für rd. 4 Live-Konzerte
(Eintritt frei)
+ 103,22€ für Wiedergabe 1 Fernsehgerät (inkl. Aufschläge für GVL
und VG-Wort)
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175,60€ für Hintergrundmusik
(Tarif M-U III 1a)
+ 1.260€ für 18 Veranstaltungen
(6,50€ Eintritt, Tarif U-V)
+ 630€ Zuschlag für 18 x Dauer > 5 Std. + 352€ für 12 Einzel-Termine und 4 Live-Konzerte (Eintritt frei; 16x Mindestbetrag Tarif U-V) = 2.417,60€ + 1.208,50€ Aufschlag für selbst erstellte Tonträger (50%)
+ 628,58 GVL-Aufschlag (bei
Tarif U-V: 26%)
+ 103,22€ Wiedergabe 1
Fernsehgerät (inkl. Aufschläge für GVL und VG-Wort)
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= 1.017,88€
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= 3.729,32€ (+266%)
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= 3,28% des Gesamtumsatzes
|
= 12,03% des Gesamtumsatzes
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* = Gesamteinnahmen des Vereinslokals inkl. Gastronomie (ohne MWST)
Man sieht: Alle Einzelveranstaltungen, die 2011 noch über den Pauschalvertrag abgedeckt waren, müssen nun einzeln abgerechnet werden. (Und, das sei noch einmal expressiv verbis hinzugefügt: Für diese Rechung bin ich für beide Jahre von der exakt gleichen Zahl und Art an Veranstaltungen ausgegangen. Das, was rechts mehr auftaucht als links, war links über den Pauschalvertrag abgedeckt.)
Dabei ist diese Rechnung noch mit Unsicherheiten behaftet:
Es kursieren hartnäckig Gerüchte, die GVL wolle ihre Beiträge auch erhöhen, und da diese prozentual an die GEMA-Beiträge geknüpft sind, drohen hier weitere Mehrkosten. Dr. Motte spricht in einem Interview mit dem Onlinedienst Heise von bis zu 100% Aufschlag, aber Dr. Motte halte ich für keine sonderlich seriöse Quelle. Also habe ich sicherheitshalber mal mit den alten Aufschlägen gerechnet.
Natürlich, das sind noch nicht die endgültigen Tarife, die ab 1.1.2013 wirklich gelten. Es läuft ja das Schlichtungsverfahren. Aber im schlimmsten Fall läuft das deutlich länger als bis zum 31.12.2012. Das würde bedeuten, dass man die Beträge trotzdem erst einmal aufbringen müsste, die GEMA bunkert sie auf einem Treuhandkonto und zahlt dem Veranstalter zu viel gezahlte Beträge zurück, wenn der schon im Insolvenzverfahren ist.
Wenn ich wohlwollend rechne und davon ausgehe, dass a) der 5-Stunden-Aufschlag sicher gekippt wird und wir b) mit der GEMA auf Basis der Härtefallklausel für die 18 o.g. Veranstaltungen einen Sondertarif verhandelt bekämen, basierend auf 10% des real erzielten Eintrittserlöses, komme ich immer noch auf jährliche Kosten von 2.527€, immer noch ein Plus von 148%, immer noch 8,15% unseres gesamten Jahresumsatzes! Und da sind sämtliche Härtefallklauseln schon berücksichtigt!
Und, ja!, es gibt auch nach wie vor Mengenrabatt. Ab der 16. Veranstaltung p.a. erhält man 10% Nachlass. In den alten Tarifen erhielt man den jedoch schon ab der 11. Veranstaltung. Aber da hat die GEMA wohl gemerkt, dass viele Veranstalter den Nachlass für monatliche Veranstaltungsreihen in Anspruch nahmen und hat die Hürde ohne weitere Begründung um ein Drittel erhöht, wieder zulasten kleinerer Veranstalter.
So viel zur angeblichen Entlastung der Kleinveranstalter. - Volker Surmann -
P.S.:
Was ich absolut ätzend finde ist, dass ich - so denn leidgeprüfte Veranstalter mit überzeugten GEMA-Anhängern ins digitale Gespräch kommen - immer nur Ratschläge der Art lese wie: "Aber das sind doch umgerechnet nur n-zig Cent mehr pro Eintrittskarte", "Na, dann müsst ihr halt die Getränkepreise um 20 Cent erhöhen, das tut doch niemandem weh" oder gar "Die GEMA ist doch nicht dazu da, unrentable Veranstaltungen zu subventionieren." - Auf diesem Niveau will ich nicht diskutieren. Solche Fragen stelle ich mir, wenn die Tarife endgültig durch sind. Hier geht es um eine andere Frage: Ist es gerechtfertigt, dass ein Vereinslokal zukünftig 12% (oder mit Glück "nur" 8%) seines kompletten Jahresumsatzes an die GEMA abführen muss? Und darauf kenne ich nur eine einzige sinnvolle Antwort: NEIN.
Man sieht: Alle Einzelveranstaltungen, die 2011 noch über den Pauschalvertrag abgedeckt waren, müssen nun einzeln abgerechnet werden. (Und, das sei noch einmal expressiv verbis hinzugefügt: Für diese Rechung bin ich für beide Jahre von der exakt gleichen Zahl und Art an Veranstaltungen ausgegangen. Das, was rechts mehr auftaucht als links, war links über den Pauschalvertrag abgedeckt.)
Dabei ist diese Rechnung noch mit Unsicherheiten behaftet:
Es kursieren hartnäckig Gerüchte, die GVL wolle ihre Beiträge auch erhöhen, und da diese prozentual an die GEMA-Beiträge geknüpft sind, drohen hier weitere Mehrkosten. Dr. Motte spricht in einem Interview mit dem Onlinedienst Heise von bis zu 100% Aufschlag, aber Dr. Motte halte ich für keine sonderlich seriöse Quelle. Also habe ich sicherheitshalber mal mit den alten Aufschlägen gerechnet.
Natürlich, das sind noch nicht die endgültigen Tarife, die ab 1.1.2013 wirklich gelten. Es läuft ja das Schlichtungsverfahren. Aber im schlimmsten Fall läuft das deutlich länger als bis zum 31.12.2012. Das würde bedeuten, dass man die Beträge trotzdem erst einmal aufbringen müsste, die GEMA bunkert sie auf einem Treuhandkonto und zahlt dem Veranstalter zu viel gezahlte Beträge zurück, wenn der schon im Insolvenzverfahren ist.
Wenn ich wohlwollend rechne und davon ausgehe, dass a) der 5-Stunden-Aufschlag sicher gekippt wird und wir b) mit der GEMA auf Basis der Härtefallklausel für die 18 o.g. Veranstaltungen einen Sondertarif verhandelt bekämen, basierend auf 10% des real erzielten Eintrittserlöses, komme ich immer noch auf jährliche Kosten von 2.527€, immer noch ein Plus von 148%, immer noch 8,15% unseres gesamten Jahresumsatzes! Und da sind sämtliche Härtefallklauseln schon berücksichtigt!
Und, ja!, es gibt auch nach wie vor Mengenrabatt. Ab der 16. Veranstaltung p.a. erhält man 10% Nachlass. In den alten Tarifen erhielt man den jedoch schon ab der 11. Veranstaltung. Aber da hat die GEMA wohl gemerkt, dass viele Veranstalter den Nachlass für monatliche Veranstaltungsreihen in Anspruch nahmen und hat die Hürde ohne weitere Begründung um ein Drittel erhöht, wieder zulasten kleinerer Veranstalter.
So viel zur angeblichen Entlastung der Kleinveranstalter. - Volker Surmann -
P.S.:
Was ich absolut ätzend finde ist, dass ich - so denn leidgeprüfte Veranstalter mit überzeugten GEMA-Anhängern ins digitale Gespräch kommen - immer nur Ratschläge der Art lese wie: "Aber das sind doch umgerechnet nur n-zig Cent mehr pro Eintrittskarte", "Na, dann müsst ihr halt die Getränkepreise um 20 Cent erhöhen, das tut doch niemandem weh" oder gar "Die GEMA ist doch nicht dazu da, unrentable Veranstaltungen zu subventionieren." - Auf diesem Niveau will ich nicht diskutieren. Solche Fragen stelle ich mir, wenn die Tarife endgültig durch sind. Hier geht es um eine andere Frage: Ist es gerechtfertigt, dass ein Vereinslokal zukünftig 12% (oder mit Glück "nur" 8%) seines kompletten Jahresumsatzes an die GEMA abführen muss? Und darauf kenne ich nur eine einzige sinnvolle Antwort: NEIN.
Kommentare
Ich dachte dafür gibt es jetzt eine Einmalzahlung anstatt einen Zuschlag pro Veranstaltung.