Auf meinen Blogeintrag vom 2.7. gab
es vielfältige Reaktionen. In einer Facebookgruppe von GEMA-Mitgliedern hat der
Leipziger Musiker, bekannt unter dem Pseudonym „MR“, versucht, meine Thesen
fachgerecht zu zerlegen. Es hat sich viel Mühe gemacht, und ich finde manche
seiner Einwände bedenkenswert, weil sie eine andere Sichtweise auf die
Problematik zeigen und ein paar neue Aspekte einbringen. Daher haben wir
vereinbart, dass ich seine Gegenrede in einem eigenen Blogeintrag dokumentieren
und meinerseits noch einmal kommentieren darf. Dafür schon mal ein großer Dank
an MR, der beim Pseudonym bleiben möchte, um bei etwaigen Negativreaktionen
seine Bandkollegen aus der Schusslinie zu nehmen (das ist sehr anständig).
Vorneweg jeweils eine Kurzversion meiner These, damit man nicht jedes Mal
zurückblättern muss. Aus künstlerischer Solidarität schreibe ich meine
Erwiderungen ebenfalls in Kleinbuchstaben, allerdings enden damit unsere Gemeinsamkeiten
dann auch schon, zumindest größtenteils. Also wird dieser Blogeintrag
dokumentieren, wie verschieden die Urheber ticken, die sich gemeinsam unter dem
Dach der GEMA versammeln. Ich überlasse die Bewertung den Leserinnen und Lesern
dieses Blogs. Aus diesem Grunde werde ich, so sich eine Diskussion entwickelt,
diese auch nicht weiter kommentieren.
1. Die GEMA ist vom Grundgedanken
keine schlechte Sache. Musiker und Textdichter stellen Musik her, sie sind die
Urheber. Diese Lieder werden allenthalben eingesetzt, um Geld zu verdienen. Es
ist nur gerecht, dass sie dafür bezahlt werden.
MR
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Volker Surmann
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kein einspruch
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kein einspruch zum einspruch.
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2. Es ist beliebt zu sagen, von dem
Geld, was die GEMA einsammelt, kämen nur 10% bei den Urhebern an. Das ist
Quatsch. 85% der von der GEMA eingesammelten Gelder werden an die Urheber
ausgeschüttet. Das kann man in jedem Geschäftsbericht der GEMA nachlesen. Eine
ganz andere Frage ist, ob das Geld bei den richtigen Urhebern landet. Eine
weitere Frage ist, ob 15% Verwaltungskostenabzug bei der GEMA angemessen sind.
Aber das sind interne Probleme, über die sich die GEMA-Mitglieder untereinander
streiten müssen (und das auch tun).
MR
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Volker Surmann
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kein einspruch
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kein einspruch zum einspruch.
dieser blogeintrag dokumentiert exemplarisch einen solchen streit.
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3. Die GEMA vergleicht den
derzeitigen Streit um die neuen Tarife für Musikveranstalter mit einer ganz
normalen Tarifauseinandersetzung wie zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern.
Das ist so schräg, dass ich als Metapher bemühen möchte: Das Bild hinkt schief.
Auch wenn sie die Schiedsstelle angerufen hat: Die Tarife der GEMA sind
beschlossen und gelten erst einmal ab Januar 2013. Ich kenne bislang keine
Verlautbarung der GEMA zu der Frage, wie ein Club von heute auf morgen eine
Erhöhung von mehren hundert Prozent GEMA-Gebühren verkraften soll.
MR
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Volker Surmann
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3. die gema kann gar nicht
anders, als einen tarif festlegen. anders als bei "normalen"
gewerkschaften gibt es keinen sanktionierten arbeitskampf, sondern ein
sanktioniertes tarifverfahren. das liegt daran, daß die gema nicht
"streiken" darf, sondern ihr repertoire anbieten muß. wenn die
verhandlungen scheitern und ein tarif ausläuft, darf die gema gar nicht eine
tarifveröffentlichung unterlassen. um in dem schief hängendem bild zu
bleiben: das wäre so, als müßten die arbeitnehmer in einem schiedsverfahren
ohne arbeitskampfmöglichkeit irgend einen tarif nennen und würden dann dafür
kritisiert, daß sie da ihre einstiegsforderung nehmen.
außerdem ist es völlig legitim, auf dem punkt der gerechtfertigtkeit der forderung zu beharren. die tarifpartner zerbrechen sich doch auch nicht darüber den kopf, wie die urheber mit niedrigen ausschüttungen in der sparte dk [d.i. „mechanische ausschüttung in diskotheken“, anm. v.s.] leben sollen. außer natürlich in bezug auf die angeblich benachteiligten electro-acts, aber dazu komme ich noch ... |
das ist richtig, der gema steht
nur dieses mittel zur verfügung und zu ihrer ehrenrettung muss man sagen,
dass sie die schiedsstelle selbst angerufen hat.
ich bleibe aber dabei: die
massive erhöhung war höchst unsensibel und geht an den wirtschaftlichen
realitäten der veranstalter vorbei. insofern war es höchst unvernünftig, in
ein solches tarifmodell nicht einmal fristenlösungen oder stufenweise
anhebungen einzubauen.
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4. Machen wir uns nichts vor: Die
neuen Tarife für Clubbetreiber sind ein gigantisches PR-Desaster für die GEMA.
MR
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Volker Surmann
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pr-desaster hin oder her, was tut
das zur sache?
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in einer zeit, in der die
verwertungsgesellschaften eh um ihre existenzberechtigung kämpfen müssen, hat
die gema sich und ihren mitgliedern einen bärendienst erwiesen. dass die
clubs so reagieren würden, war doch klar. dieser „tarifkampf“ geht für die
gema gerade verdammt nach hinten los.
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5. Mich ärgert die stümperhafte
PR-Arbeit der GEMA gerade maßlos, auch aus dem Grunde, weil das pure
Wahlkampfhilfe für die Piraten ist, die ich – im Gegensatz zur GEMA – nun
wirklich für überflüssig halte.
MR
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Volker Surmann
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aber danke, daß du die piraten
hier vor den kopf stösst. da du ihnen ordentlich steilvorlagen bietest und
dich geradezu als posterboy anbietest, ist das leider nötig.
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posterboy der piraten zu sein,
ist eine wahrhaft gruselige vorstellung (ich kenn nur wenige, bei denen ich
lust hätte, in bettnäh herumzuhängen). gleichwohl muss ich anerkennen, dass
die piraten manch netzpolitisches problem erst aufgezeigt haben, aber die
passenden lösungen bieten sie meines erachtens nicht an. insofern tun sie gut
daran, sich weiter selbst zu zerlegen. wie man das erfolgreich macht, macht
ihnen die gema aktuell vor.
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6. Auch viele Clubbetreiber
streiten nicht ab, dass die Urheber der Musik entlohnt werden soll. Wenn
derzeit tatsächlich nur 1,3% der Eintrittsgelder an die Urheber gingen, fände
ich das erbärmlich wenig. Die Zahl „10% vom Eintritt“, mit der die GEMA
argumentiert, klingt erst einmal ganz gut.
MR
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Volker Surmann
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kein einspruch
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besser wäre eine sukzessive
steigerung; noch besser wären 5% analog zum musikkonzerttarif u-k.
um es mal an einem fiktiven
beispiel zu verdeutlichen:
wenn in unserem verein ein in
kreuzberg weltbekannter travesiestar bei 5€ eintritt und 50 zuschauern eine
playback-parodie von madonnas „like a prayer“ vorführte, kostete uns das nach
tarif u-v: 50€ (mit härtefallregel 25€), nach tarif u-k würde uns das 12,50€
kosten, was großzügig aufgerundet wird zum mindestbetrag: 21,80€. es wäre
also für eine solche playbackparodie günstiger, madonna sänge hinter dem
vorhang selbst – zumindest von den gemagebühren betrachtet.
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7. Die GEMA kassiert eben nicht 10%
vom Eintrittspreis, sondern will sich dieser Zahl durch einen Koeffizienten aus
Eintrittspreis und beschallter Fläche annähern. Das führt zu zwei
Ungerechtigkeiten: Erstens geht die GEMA stets von voll ausgelasteten Flächen
aus. Zweitens geht die GEMA immer vom maximalen Eintrittspreis aus.
Wenn die GEMA sagt, sie will 10%
vom Eintritt, dann sollte dieses Geld vom real erzielten Nettoerlös kommen
(nach Abzug der Steuern). Das geht. Die Künstlersozialkasse KSK schafft das
auch. Und, Tatsache!, es gibt ja genau diesen Tarif bei der GEMA schon. Der
unlängst eingeführte Tarif U-K für Livekonzerte arbeitet prozentual:
mittelfristig 5% vom Bruttoeintritt. Wieso bei Livekonzerten 5%, wieso bei
Konserventanzmusik 10%?
MR
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Volker Surmann
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die gema hat eine
näherungsschätzung gewählt, um nicht bei jeder veranstaltung in die bücher
schauen zu müssen. die härtefallregelung garantiert bei unterschreitung der
gästezahl die möglichkeit der abrechnung nach realen besuchern. bei
überschreiten der gästezahl kann der veranstalter den "gewinn"
mitnehmen. das ist also elegant und im günstigen fall sogar noch vorteilhaft.
dieser günstige fall ist der preis für weniger verwaltungsaufwand, den die
gema zollt. irgendwie muß sie ja die verwaltungskosten niedrig halten. es ist
doch immer wieder erstaunlich, was so allgemein in der debatte von der gema
verlangt wird, bei gleichzeitiger thematisierung der verwaltungskosten.
was den maximalen eintrittspreis angeht: der ist als grundlage legitim, da bei staffelung von ermäßigungen auszugehen ist, die der club aus unternehmerischem kalkül einräumt. seine taktik kann aber nicht legitimerweise auf kosten der urheber gehen (die ja von mehreinnahmen an der theke nichts abbekommen). wenn der reguläre preis unterboten wird, dann muß das der veranstalter selbst kompensieren (und wird das auch, denn sonst gäbe es die staffelung ja nicht). irgendwo muß die teilhabe des urhebers am unternehmerischen risiko des veranstalters auch eine grenze haben. natürlich ist auch anderes denkbar. aber das wäre eben gegenstand von verhandlungen. die diskussion ist akzeptabel, aber die darstellung des tarifs als ungerecht ist nicht nachvollziehbar. |
die gema rechnet mit 1 person pro
quadratmeter und rechnet mit der gesamtfläche des raumes. baupolizeilich
maximal zulässig sind 2 personen pro quadratmeter, grundlage ist da aber nur
der gastraum. wenn ich das grob überschlage, würde ich die prognose wagen,
dass der für den veranstalter vorteilhafte fall mindestens nah ans baupolizeilich
unzulässige geht.
ich bezweifle, dass eine
angewandte prozentrechung verwaltungstechnisch wesentlich mehr aufwand macht.
bei dem konzerttarif u-k geht das doch auch. die zahlen monatlich oder
quartalsweise an die gema zu melden, sollte machbar sein. an anderen stellen
der gema fällt sicher viel mehr unnötiger verwaltungsaufwand an.
beim eintrittspreis widerspreche ich
entschieden! klar, wenn man soziale ermäßigungen gewährt, ist das m.e. sache
des veranstalters. aber es gibt genügend veranstalter, wo aus anderen gründen
verschiedene preisstufen gelten.
im kabaretttarif u-v 4.1 heißt es
z.b.: „als bemessungsgrundlage wird bei unterschiedlichen eintrittsgeldern
jeweils das höchste eintrittsgeld berücksichtigt“. in dem kabarett, für das
ich schreibe, gibt es 5 preiskategorien, je nach sicht auf die bühne, je nach
dem, ob die plätze einen tisch haben oder nicht. die teuersten karten kosten
30€, das groß der karten kostet zwischen 22 und 24€, da ungefähr dürfte der
durchschnittliche eintrittspreis liegen. alle gema-rechnungen fußen aber auf
der annahme, dass alle besucher 30€ zahlen. das ist ungerecht.
berechnungsgrundlage sollte der durchschnittliche eintrittspreis sein.
hier funktioniert auch mrs
empfehlung, den raum einfach voller zu packen, um gewinn zu machen, nicht,
denn bei bestuhlten veranstaltungen rechnen gema und baubehörden mit
demselben schlüssel: 1 person pro quadratmeter. wenn ein veranstalter mehr
leute reinpackte, wäre das baupolizeilich unzulässig.
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8. Manche argumentieren, man müsse die GEMA-Kosten als Fixkosten eines Clubs ansehen wie Miete, Personal, Flyerdruck und Getränkehändler, und wenn der Laden nicht 100% ausgelastet sei, sei das halt unternehmerisches Risiko. Auch das ist schief verglichen. Wenn der Laden früher dichtmacht, geht das Personal früher nach Hause, die gelieferten Getränke werden bei den nächsten Veranstaltungen aufgetrunken. Die Musik kann man nicht bei der nächsten Veranstaltung weiterspielen. Aber die GEMA selbst will ja gar keine Fixkosten sondern nur 10% vom Eintrittsgeld. Prozentuale Anteile können per definitionem keine Fixkosten sein.
MR
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Volker Surmann
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was du als fixkosten ansiehst ist
eigentlich eine pauschale. und es ist doch verwunderlich, daß du hier ein
"früher schließen" ins spiel bringst, dann aber bei punkt 11 die
5h-aufschläge als bullshit anprangerst. was denn nun? ist nun ein zeitfaktor
geboten oder nicht?
die gema will 10% vom realisierbaren eintritt, weil das dpma [deutsches patent- und markenamt, v.s.] das als angemessen signalisiert hat. die gema nähert sich den 10% über schätzung bei härtefalloption realer bemessung. die 10% sind je nach veranstaltungsparameter im vorfeld ermittelbar und können daher in der preiskalkulation auch als fixkosten betrachtet werden, sofern man die veranstaltungen einzeln kalkuliert oder keine schwankungen in den parametern hat. wo ist das problem, außer semantische haarspalterei? |
der begriff
„fixkosten“ stammt nicht von mir, sondern von dem pro-gema-blogger thomas
hohnen. sein blogeintrag ist leider nicht mehr online, aber er argumentierte
sinngemäß etwa so:
wenn ein handwerker
eine neue trennwand zu den toiletten zöge oder ein techniker die neue
lichtanlage einbaute, kriegten die ja auch einen fest vereinbarten preis. die
gema-gebühren sollte man auch als solche fixkosten ansehen. das ist schief
aus den von mir genannten gründen – und aus folgendem: das urhebergesetz
billigt dem maurer kein geistiges eigentum an der von ihm gemauerten wand zu
und kein nutzungsrecht. er wird einmal bezahlt und bekommt nicht jedes mal
geld, wenn sich jemand gegen die wand lehnt. damit ist der künstler klar im
vorteil. er bekommt zwar keinen fixbetrag, erhält aber selbst 69 jahre nach
seinem tod noch geld für seine leistung.
„schwankungen in den
parametern“ gehören zum veranstalten leider nun mal dazu. das schwankendste
parameter ist leider der besucher (was jetzt nichts mit seinem bierkonsum zu
tun hat, aber der ist auch oft sehr
schwankend).
ich bleib dabei:
einen prozenzsatz vom real erzielten eintritt halte ich für die fairste
lösung.
dass prozentuale anteile
keine fixkosten sein können ist nicht „semantische haarspalterei“ sondern
formale logik. viel eher ist es einerlei, ob man von „fixkosten“ oder
„pauschale“ spricht, beide begriffe eint, dass die zahlen unveränderlich
sind. |
9. Was die GEMA über die
Quadratmeterregel von Clubs (aber auch vielen anderen Veranstaltern) fordert,
ist, dass leere Plätze (oder leere Quadratmeter in der Disco) GEMA-Gebühren
bezahlen.
MR
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Volker Surmann
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nochmals: härtefall!
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so oft kollege mr inzwischen von
„härtefall“ spricht, sollte man eher von „regelfall“ sprechen. ich empfehle
der gema schon mal, in sämtlichen bezirksdirektionen ausreichend große
härtefallabteilungen einzurichten. wie war das noch mit dem
verwaltungsaufwand?
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10. Noch ein Argument, die 10%-Regel
vielleicht etwas abzumindern: Die GEMA will zukünftig 10% vom Eintritt
unabhängig davon, ob die Musik live dargeboten wird oder von Konserve. Ist es
nicht ein substanzieller Unterschied, wenn eine Coverband meinen Song live
spielt oder ob mein Song original in der Disco abgespielt wird?
MR
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Volker Surmann
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es ist kein unterschied für mich
als urheber, wenn mein werk genutzt wird. und wenn es einer wäre, dann wäre
der subjektiv begründet und ließe sich nicht operationalisieren. welcher
tarif sollte denn höher sein und um wieviel? da würde man sicher zehntausende
unterschiedliche auffassungen finden.
außerdem: wer sagt denn, daß mein song original abgespielt wird in der disko? wer sagt denn, daß beim livekonzert gecovert wird und nicht ich selbst den aufführe? was ist aus urhebersicht überhaupt original? da steht immer eine instanz dazwischen, nämlich der interpret. und der kann ich selbst sein oder jemand anderes. das ist unerheblich für die vergütung. |
da kann man einfach
unterschiedlicher auffassung sein.
kurios ist, dass die gema ja
selbst mit unterschiedlichen prozentsätzen hantiert.
im grunde hat mr hier ein gutes
argument gebracht, die tarife u-k, m-v und m-u auf denselben prozentsatz zu
bringen, u-k ist bei 5%. nehmen wir das doch überall!
hm, ich hörte von
gema-nahestehenden immer wieder, man hätte so hoch gepokert, um wenigstens
die hälfte im schiedsverfahren durchzukommen ... dann wären wir ja bei 5%.
hurra!
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11. Was die neuen GEMA-Tarife für
Clubbetreiber in ungeahnte Höhen schießen lässt, sind die vielen bizarren
Aufschläge. Die GEMA hat sich einfach mal ausgedacht, dass Tanzveranstaltungen,
die länger dauern als 5 Stunden, 50% Aufschlag kosten. Das ist Bullshit.
MR
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Volker Surmann
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siehe anmerkung zu punkt 8!
außerdem ist der zeitaufschlag der mutmaßung geschuldet, daß eine bestimmte
fläche bei laufpublikum und ausreichend zeit auch durchaus mehr leute faßt
als im grundtarif veranschlagt. ob das so ist, können wir ohne empirische
daten nicht beurteilen. aber es gibt die härtefallregel! das kann man wohl
nicht oft genug betonen.
die grenze der 5 stunden ist natürlich willkürlich gesetzt. es hätten auch 4 oder 6 sein können. aber fristenlösungen sind dennoch nicht unrechtmäßig, sondern zur vereinfachung zulässig. man kann also die bemessung kontrovers diskutieren, nicht aber als bullshit vom tisch wischen. schon gar nicht, wenn man so argumentiert, wie du unter punkt 8 getan hattest. daß die gema die zeitstaffelung als verhandlungsmasse in den raum gestellt hat, bedeutet nichts weiter als ein angebot auf gröbere pauschalisierung bei gleichzeitiger tarifsenkung! schade, daß euch veranstaltern das nicht bewußt ist. hier bekommt man schonmal den eindruck, daß die gema machen kann, was sie will, es wird immer als dumm oder verschlagen hingestellt. aber gut, daß für falsche eindrücke auch die gema schuld ist, pr-desaster und so. der gema-basher hat immer recht. |
die rede vom
„härtefall“ klingt inzwischen wie ein haptischer orignaltonträger mit einem
sprung.
den einwand mit dem „früher schließen“ habe ich schon oben nicht verstanden. die gema-veranstaltungen muss man ja vorher melden, bzw. jeder veranstalter schließt ja – basierend auf seinen öffnungszeiten – jahres-verträge mit der gema ab, die im voraus bezahlt werden. da gibt’s nichts zurück, wenn man nachweist, dass man an 20 abenden im jahr so schlecht besucht war, dass man schon nach 4,5 stunden geschlossen hat ... |
12. Ein ähnliche Schnapsidee ist,
Aufschlag auf die GEMA-Gebühren zu nehmen, wenn die Musik nicht von Vinyl oder
CD abgespielt wird, sondern vom Laptop, bis zu 50%, wenn selbst gebrannte
Datenträger verwendet werden. Da scheint die GEMA einfach noch nicht im 21.
Jahrhundert angekommen zu sein. Ein Musikstück ist heute i.d.R. eine digitale
Datei, es sollte der GEMA scheißegal sein, von welchem Datenträger sie
abgespielt wird.
MR
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Volker Surmann
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was für dich eine schnappsidee
ist, ist gesetzlich zwingende nachlizenzierung von nach §53 urhg
vervielfältigten werken. man kann über die höhe diskutieren, aber nicht über
die tatsache.
wer hier nicht im 21. jahrhundert angekommen ist, ist derjenige, der denkt, es ginge bei diesem aufschlag um förderung des hantierens mit physischen tonträgern und nicht um die berücksichtigung der digitalen kopie. |
okay, hier lag ich
falsch. ich korrigiere mich: in diesem punkt ist das urhebergesetz noch nicht
im 21. jahrhundert angekommen. das problem der digitalen kopie ist
zweifelsohne noch nicht zufriedenstellend gelöst. die lösung überlasse ich
lieber kompetenten netzpolitikern und –juristen, aber nicht allein den
piraten allein (mich gruselt immer noch die posterboy-vorstellung), ich kenne
mich damit nicht genügend aus.
die höhe der von der
gema – und hier muss man auch korrekterweise noch die gvl ergänzen –
verlangten aufschläge sind jedoch nicht mehr zeitgemäß.
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13. Bleiben wir bei Schnapsideen:
Bei der schon angesprochenen Quadratmeterregel kam die GEMA auf die
faszinierende Idee, nicht nur den Gastraum eines Clubs zur Berechnung
ranzuziehen, sondern sämtliche Flächen inkl. Barbereiche, Toiletten und
Lagerräume. Wie auch, dass die GEMA-Quadratmetertabelle in 100er-Schritten
aufwärtsgeht: Ein Club mit 302qm muss dasselbe zahlen, wie einer mit 399qm,
obwohl er de facto ein Viertel weniger Platz für zahlende Gäste hat.
MR
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Volker Surmann
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wenn tatsächlich nicht öffentlich
zugängliche räume einbezogen werden, dann ist die kritik berechtigt. hurrah!
der erste kritikpunkt, bei dem ich mitgehe. allerdings nur bis zur kritik an der
quadratmeterabstufung. die ist natürlich diskussionswürdig und ich sehe auch
eigentlich kein hindernis darin, auf quadratmeter genau zu bemessen. aber
auch hier gilt im prinzip: härtefall!
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hurra!
die gema rühmt sich,
dass die neuen tarife absolut linear sind. das ist fast richtig. die ersten
100qm kosten genau so viel wie die achten 100qm. ergo wäre es ein absolut
leichtes, einen preis pro quadratmeter anzusetzen.
kr-knacks ... härtefall ... kr-knacks ... härtefall … kr-knacks … härtefall … kr-knacks … härtefall … |
14. Ein kompletter Abend wird in
voller Höhe GEMA-pflichtig, sobald ein einziger GEMA-Titel dargeboten wird. Das
ist wirklich schwer, logisch nachzuvollziehen.
Ich kenne nur einen GEMA-Tarif, bei
dem das nicht so ist, dem Tarif für Wortkabarettveranstaltungen, da wird nach
Minutenzahl abgerechnet. Manche Technoclubs argumentieren, dass bei ihnen viel
GEMA-freie Musik gespielt würde. Ich meine: Wer Aufschläge machen kann, muss
auch Abschläge vornehmen können. Spielt ein Club nur 60% GEMA-Musik, zahlt er
eben 40% weniger an die GEMA.
MR
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Volker Surmann
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das ist eine pauschale. es wird
vermutet, daß gemarepertoire gespielt wird und du bist als club nur in der
nachweispflicht, wenn du behauptest, daß ausschließlich gemafreie musik
gespielt wird (bei konzerten ist ein werkmeldebogen immer pflicht, weil der
für die abrechnung gebraucht wird, ansonsten liegt dort die sache genauso).
diese regelung schafft dir rechtssicherheit gegenüber ansprüchen von
urhebern, die nicht den weg über die gema (oder eine andere vg) gehen.
nun zahlst du also die lizenzgebühr unabhängig von der anzahl der songs. was heißt das? es heißt, daß du eine pauschale bezahlst. es heißt, daß du nicht darauf achten mußt, wieviel songs du spielst, da der preis immer gleich ist. für dich als veranstalter gilt auch nicht das argument, daß es ja billiger sein müßte, wenn nur ein song gespielt wird. denn der vergütungsanspruch gilt qua gesetz für jeden song. und es ist jedem urheber (auch zu deinen gunsten) zuzumuten, einer vg beizutreten, um deine lizenzgebühren zu kassieren. wenn du also keinen einzigen gema-song im programm hast, dann hast du mit der gema nichts am hut. aber dann solltest du dir bewußt sein, daß jeder song unvergütet ist, der bei dir aus den lautsprechern kommt. daß du dann eine ausbeutung übelster sorte betreibst. übrigens wird meines wissens nicht nur bei wortkabarettaufführungen sondern auch im rundfunk, in filmwerken, im tv usw. minutengenau abgerechnet. überall dort, wo musik nicht zwingend dauerhafter hauptbestandteil ist. auch dort, wo wie bei mechanischer vervielfältigung (cd-pressung) die relation des repertoires zum gesamtumfang exakt ermittelbar ist. als musikveranstalter kann man sich wohl kaum mit diesen fällen vergleichen. auch hier gilt wieder, daß genaue ermittlung irgendwo eine verhältnismäßigkeitsgrenze hat, und die wird dort gerissen, wo musik normalerweise überwiegend durchgehend läuft. eine minutenzählung dort wäre ein irrer verwaltungsaufwand der nicht zu rechtfertigen ist. speziell zu den techno-clubs ist zu sagen: die argumentieren mit electro-urhebern, die nur in der disko gespielt werden und traditionell so wenig tantiemen sehen, daß sie oft gar nicht mehr in die gema eintreten. und deswegen sei der krass niedrige diskotarif gerechtfertigt. da beißt sich doch die katze in den schwanz! disko-lizenzen werden in einer engen sparte ausgeschüttet, da funkt kein airplay rein und da geht auch entsprechend nichts für m- und r-aufschläge raus. disko bleibt disko. und das ist auch einer von zwei gründen, warum bei techno-urhebern so wenig ankommt. sehr wenige diskos spielen das, zumeist sind es großveranstaltungen und die zahlen im aktuellen tarif relativ zu gästen und veranstaltungshäufigkeit von allen lizenznehmern am wenigsten. also gerade für electro muß der neue tarif her! |
okay, die
nachweispflicht für den clubbetreiber entfällt, wenn er bereit ist, die volle
pauschale zu zahlen. das ist für die gema einfach, für den veranstalter
einfach, aber teuer. darum geht es ja gerade.
das habe ich doch
alles begriffen, dass das so ist. was du hier schilderst, ist kein
gegenargument gegen meine these, sondern die problembeschreibung.
seufz. genau aus dem grund bin ich mal in die gema gegangen. da wird für eine produktion geld an die gema gezahlt, und ich wollte etwas von dem kuchen abhaben. das problem ist, dass das geld bei der gema ja nicht rumliegt und auf abholung wartet, nein, es wird einfach an die anderen urheber verteilt, die in der gema sind. der veranstalter zahlt also eine pauschale auch für meinen song und jemand anders bekommt meinen anteil, und wer ist schuld? ich, weil ich mein geld bei der gema nicht einfordere? sorry, aber ich finde, das ist ziemlich um die ecke gedacht.
wieso ausbeutung?
habe ich gesagt, dass die künstler umsonst auftreten?
danke, jetzt kenne ich mehr tarife, bei denen nach minutenanteil gerechnet wird. das sehe ich anders. ist der wille da, so abzurechnen, werden sich mittel und wege finden, das vom aufwand her in grenzen zu halten. die berliner clubcomission informiert sich da m.w. über technische systeme. mal so gesagt: wenn man mittels smartphone fast jeden titel im club erkennen kann, sollte es doch auch möglich sein, repräsentative playlisten automatisiert zu erstellen und prozentquoten für clubs festzulegen. richtig, da beißt sich die katze in den schwanz. ist so ein katzenschwanzzirkel erst einmal geschlossen, kann man ihn eigentlich nirgends durchtrennen, wo es der katze nicht wehtut.
deine variante: die
discos müssen sehr viel mehr zahlen, wenn dann die techno-urheber alle in die
gema gingen, kriegen sie auch viel geld.
die bislang
praktizierte variante: die clubs zahlen wenig und bezahlen die techno-urheber
direkt und sie gehen halt nicht in die gema.
ich sehe nicht, dass die eine variante besser wäre als die andere und würde hier sagen: wenn die technokatze nicht darunter leidet, dass sie sich in den schwanz beißt, dann soll sie es doch einfach weiter tun. wieso will die gema bei dem armen tier zur axt greifen? |
15. Wenn man all die
GEMA-Ungerechtigkeiten mal zusammennimmt, könnte man sich folgendes Beispiel
ersinnen: Bei einer internationalen Meisterschaft singen Fußballfans im, sagen
wir mal, Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion immer wieder „Seven Nation Army“
von den Whites Stripes („Naaa, na-na-na-naaa, naaa ...“) und hüpfen dabei auf
den Rängen. Damit handelt es sich gewissermaßen um eine Tanzveranstaltung mit
Livemusik. Das Gottlieb-Daimler-Stadion hat ein eine Nutzfläche (inkl.
Nebenflächen und Spielerkabinen) von 124.290qm. Die teuerste Eintrittskarte ist
ein VIP-Ticket für 600€ ...
MR
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Volker Surmann
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was soll dieser blödsinn? bloßes
singen in der öffentlichkeit hat keinen veranstaltungscharakter.
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noch nicht. :-)
sollte ich allen ernstes erklären, dass mein fußballstadienbeispiel eine satirische überspitzung war, um zu erläutern, wie sich quadratmeter- und eintrittspreisregel schön hochschaukeln können im vergleich zu einer prozentlösung? nein, witze sollte man ja auch nicht erklären. aber wer weiß, was der gema noch so einfällt, wenn das tonträgergeschäft weiter einbricht ... sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. ironiezeichen (nur für mr). |
16. In Fällen wie diesen könne man
doch, sagt die GEMA gerne die Härtefallnachlassregel in Anspruch nehmen. Die
Sache hat gleich mehrere Haken: Erstens ist das ein aufwändiges bürokratisches
Bittstellverfahren. Dieses muss, zweitens, für jeden einzelnen Abend vom
Veranstalter einzeln beantragt werden. Drittens habe ich damals nirgendwo die
konkreten Härtefallregeln gefunden. Das ist völlig intransparent. De facto
werden aber immer die Minimalsätze für die jeweilige Veranstaltung erhoben.
MR
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Volker Surmann
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härtefall deckt (mutmaßlich) die
10% des realisierbaren eintritts für die tatsächliche gästezahl ab. hast du
mal bei der gema angerufen?
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tatsächlich roundabout 10% des
realisierten (nicht realisierbaren!) eintritts, aber immer mindestens der
mindesttarif, was des öfteren auch darüber liegt.
vorsicht vor dem wort
„realisierbarer eintritt“, das klingt als seien da die leeren plätze wieder
mit eingerechnet.
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17. Das führt mich zu dem Punkt,
dass die neuen GEMA-Tarife viele kleinere Veranstalter entlasten. Das ist
richtig. Die größten Entlastungen gibt es in den Bereichen, wo die Eintrittspreise
unter 8€ liegen und die Räume klein sind.
MR
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Volker Surmann
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kein einspruch
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doch einspruch! hier hat nämlich
volker surmann unrecht. volker hat damals nicht genau genug nachgerechnet.
regelmäßige kleinveranstalter, die bislang über jahrespauschaltarife
verfügten, werden massiv belastet. siehe seinen entsprechenden blogeintrag.
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18. Wenn GEMA-Verteidiger anführen,
wenn Clubs die neuen GEMA-Tarife nicht verkrafteten, wären sie halt
wirtschaftlich falsch aufgestellt und sollten eben dichtmachen, dann ist das
zynisch. Gegenüber den Betreibern, den Mitarbeitern, aber auch nicht zuletzt
den Urhebern gegenüber, denn die kriegen von diesem Club ja gar nichts mehr.
Und zu fordern, die Getränkpreise eben entsprechend anzuheben, ist auch nicht
fair. Ich will in keiner Stadt leben, wo das Bier in jedem Club 4€ kostet!
MR
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Volker Surmann
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kein einspruch im prinzip. aber
die gema ist nicht irgendjemand, der die hand aufhält. es sind die urheber,
die die musik schreiben, die ihr spielt. es ist zu wenig geld im system, das
ist das eigentliche problem. die lösung kann aber nicht sein, daß die urheber
euch subventionieren. denn die urheber haben anders als ihr keine
möglichkeit, irgendwoanders einkommen zu generieren. ihr könnt preise
anheben, ihr könnt förderstrukturen in anspruch nehmen oder auch einfordern.
es ist nicht aufgabe der urheber, sondern der allgemeinheit (also des
steuerzahlers und der kulturpolitik), kultur in der krise zu ermöglichen.
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hier sind wir uns
einig: es ist zu wenig geld im system. aber machen wir uns nichts vor. das
war im kultursektor nie anders und wird nie anders sein. wir werden uns damit
arragieren müssen. preise erhöhen geht auch nur bis zu einem gewissen grad,
denn irgendwann sinkt die akzeptanz für die jeweilige veranstaltung, oder kultur
wird zum luxusgut für besserverdiener.
ich betrachte das
einkommen aus verwertungsgesellschaften als zusätzliches einkommen. wer
ausschließlich auf gema-einnahmen baut, hat in seiner kreativen
mischkalkulation etwas falsch gemacht, finde ich. die gema verwaltet ja nur
einen teil der nutzungsrechte. musiker bekommen gage, bekommen prozente aus
plattenverkäufen, wie ich als autor geld von redaktionen, aus buchverkäufen,
aus gagen bei lesungen usw. erhalte. was ich von der vg wort bekomme ist ein
nettes urlaubsgeld (ausgenommen dieses jahr, wo die vg-wort die kohle wegen
eines rechtsstreits zurückhält, gnampf). wenn ich einen kabarettsong texte,
kriege ich dafür honorar und noch etwas gemakohle zusätzlich, zusammen ist es
eine angemessene bezahlung.
ob bei der gema geld
genug im system ist, möge jeder bei einem blick auf die geschäftzahlen selbst
beurteilen. im jahr 2011 wurden 702 Millionen euro an 64.700
wahrnehmungsberechtigte ausgeschüttet. macht im schnitt 10.850€ pro nase.
rechnet man all die karteileichen und unzähligen gelegenheitstexter und
-komponisten wie mich heraus, die gar nicht mehr als ein paar hundert euro
p.a. erwarten, heraus, kommt man auf ein vielfaches für jeden
profi-musikurheber. nein, ich stimme mr nicht zu, dass die musikurheber schlimmer
am hungertuch nagen als schriftsteller, freie fotografen oder andere urheber.
(und ich prangere hier bewusst nicht an, dass die verteilung sehr ungleich ist, weil ich sehr wohl weiß, dass die gema qua gesetz jeden urheber aufnehmen muss, auch den, der nur einmal im leben einen song geschrieben hat, wodurch die ungeheure zahl an wahrnehmungsbrechtigten zustande kommt, die de facto wenig geld bekommen, nicht, weil sie systematisch benachteiligt würden, sondern weil sie einfach nur wenige neue werke schaffen.) |
19. Noch ein Grundübel der GEMA ist
der sogenannte GEMA-Vorbehalt, jene Annahme, nach der jede Veranstaltung
pauschal im Ruch steht, GEMA-pflichtig zu sein. Da wird die Nachweispflicht
umgekehrt, und der Veranstalter hat im Zweifel die Pflicht nachzuweisen, dass
keine GEMA-Musik gespielt wurde, statt andersrum.
Problem ist, dass die GEMA
diesbezüglich nicht eben zimperlich ist und im Umgang mit ihren Kunden das
Feingefühl einer Planierraupe pflegt und – zusammengefasst – viele Veranstalter
mit vielen Briefen und unterstellten Annahmen quält.
MR
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Volker Surmann
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siehe anmerkung zu punkt 14. die
gema-vermutung ist eine stinknormale beweislastregelung, die sich nicht von
anderen rechtsverhältnissen unterscheidet. die beweislast liegt immer bei der
seite, die a) von der norm abweichendes behauptet und/oder b) in der lage
ist, die behauptung unter verhältnismäßigem aufwand zu belegen. wir kennen
das in der praxis beim einkaufen. ist die ware mangelhaft und wird
reklamiert, dann liegt die beweispflicht zunächst beim verkäufer, daß sie im
einwandfreien zustand verkauft wurde. der käufer kann das nicht beweisen und
es ist davon auszugehen, daß nach kurzem zeitraum auch bei unterstelltem
unsachgemäßen gebrauch das produkt nicht gleich verschlissen ist. der
verkäufer muß also die unwahrscheinliche behauptung beweisen. nach dem ablauf
von sechs monaten kehrt sich die beweislast um. und zwar, weil es dann
wahrscheinlicher ist, daß der käufer irgendwas verbockt hat und der verkäufer
das schwer beweisen kann. ähnlich ist das bei ärztepfusch. hier ist es dem
patienten überhaupt nicht möglich, den beweis zu führen, weswegen bei
anhaltspunkten immer der arzt in der beweispflicht ist.
bei der gema-vermutung treffen beide aspekte zu: die wahrscheinlichkeit, daß eine veranstaltung völlig ohne gemarepertoire abläuft, ist sehr gering. sie ist so gering, daß die clubs, die das bewerkstelligen wollen, einen ziemlichen aufriß machen müssen (etwa den bands oder djs vorher verbieten, solches material zu spielen). es ist also eigentlich allen beteiligten klar, daß normalerweise repertoire vorkommt. weiterhin ist es einem club, der gemafreie musik spielt, eher möglich, das zu belegen (nämlich durch musikfolgebogen), als der gema. wäre die beweislast umgekehrt, müßte die gema überall kontrollieren. nicht stichproben, sondern jede veranstaltung. sie müßte in jeder kneipe sitzen. in jedem geschäft mit beschallung. das ist nicht möglich. unter punkt 14 hatte ich überdies angedeutet, daß eine solche beweislastumkehr auch ein zweischneidiges schwert für die lizenznehmer wäre. die gemavermutung schafft rechtssicherheit. ihre kehrseite ist nämlich der kontrahierungszwang und die beschränkung auf angemessenheit. d.h. die gema darf als monopolist keine lizenzen verweigern und sie darf keine unüblichen forderungen stellen. das würde auch im falle von sich etablierenden konkurrenz-vgs gelten (etwa c3s). lizenznehmer können musik immer spielen ohne angst vor strafbewerten unterlassungsaufforderungen (bzw. abmahnungen) von irgendwelchen leuten, die ihre gema-freie musik dort gehört zu haben glauben. lizenznehmer brauchen keine angst haben, daß in tarifstreiten wie bspw. den aktuellen die gema eine noch höhere forderung aufstellt und zur durchsetzung in den arbeitskampf geht, sprich: die lizenzen zurückhält. was die bürokratischen erlebnisse angeht. ach herje. natürlich kann man sich darüber aufregen. aber am ende zählt das ergebnis, jedenfalls in dieser debatte hier. wollen wir sachlich diskutieren oder geht es hier darum, möglichst viele unvorteilhafte anekdoten zu sammeln, um die gema - berechtigte arbeit hin oder her - erstmal als grundlegend unsympathisch hinzustellen? |
manchmal hat man das gefühl, dass sie das heute trotzdem schon tut. problem ist, dass die definitionsmacht von „angemessen“ und „unübliche forderungen“ derzeit de facto bei der gema selbst liegt, obwohl sie de jure beim gesetzgeber, bzw. der nachgeordneten aufsichtsbehörde liegt. im grunde dreht sich der ganze aktuelle konflikt um die aktuellen tarife nur um diese frage: ist angemessen, was die gema für angemessen hält? diese frage muss von der instanz entschieden werden, die der gema das angemessenheitsgebot gegeben hat.
grundsätzlich finde
ich aber die rechtssicherheitsargumente sehr bedenkenswert. ein land, in dem
heerscharen von rechtsanwälten jeden laden verklagen können, weil sie
irgendein musikstück mal gehört haben wollen, will niemand.
es geht nicht um unvorteilhafte
anekdoten: es geht um die massen an gleichlautenden anekdoten, die ein
problem der gema aufzeigt. sie arbeitet, wie ein monopolist eben arbeitet:
wenig kundenorientiert, bürokratisch (mit allen organisationssoziologischen
kennzeichen der selbst wachsenden bürokratie), langsam, unflexibel usw.
bisweilen unfreundlich. - und wieso sollte sie auch anders? der kunde kann ja
nicht wechseln. |
20. Abende werden auch dann
GEMA-pflichtig, wenn ein Musiker ausschließlich seine eigenen Stücke darbietet,
oder gar selbst der Veranstalter ist. Das ist bizarr. In der VG Wort käme
niemand auf die Idee, bei Lesungen VG-Wort Gebühren zu nehmen, weil der Autor
aus seinem eigenen Roman vorliest.
Eine solche Ausnahmeregel bei der
GEMA würde Tausenden Veranstaltern viel Leid ersparen und der GEMA unendlich
viel Arbeit. Denn die GEMA sammelt für die Veranstaltung GEMA-Gebühren von dem
Veranstalter ein und verteilt sie dann an den Künstler, der bei dem
Veranstalter auf der Bühne steht.
MR
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Volker Surmann
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wer veranstalter ist, der ist
lizenznehmer. das ist nicht bizarr, sondern geschäftsfelddifferenzierung und
gegenstand von mischkalkulation. klar kann man das als nachteil sehen, wenn
man so unsauber ist und sich nur als urheber/interpret sieht. richtigerweise
ist man aber in jeder der drei rollen unterwegs und kann daraus gegenüber
anderen veranstaltern einen vorteil ziehen: andere veranstalter zahlen die
volle lizenzgebühr genau wie du. aber du holst das wieder rein, weil du die
tantiemen bekommst. du bezahlst nur 15% des betrages, den andere veranstalter
zahlen müssen. und das auch nur, wenn du als kluger unternehmer kalkuliert
hast, daß die rechtewahrnehmung des live-bereichs für dich unterm strich
positiv ausfällt, weil du nicht ausschließlich selbst veranstaltest oder weil
du bei den eigenen veranstaltungen immer ein cover oder immer eine vorband
mit gemarepertoire dabei hast. kurzum: selbstaufführer sind im vorteil
gegenüber anderen veranstaltern. immer. man muß nur unternehmerisch denken
können. wer das nicht kann, der soll auch nicht jammern.
der vergleich mit der vg-wort ist übrigens ein bißchen schief. denn auch bei selbstaufführern gibt es in den seltensten fällen deckungsgleichheit zwischen veranstalter, interpret und urheber. das ist nur bei einem solokünstler wahrscheinlich, der ausschließlich eigene lieder spielt. bei bands sind meistens mehrere leute in verschiedenen variationen miturheber und nicht selten bei fluktuation in der besetzung auch leute, die bei der veranstaltung gar nicht mehr dabei sind. das ist normal. für lesungen ist das wohl eher ein exotischer fall. |
auch hier beschreibt
mr sehr genau das problem und rechtsprinzip, das ich kritisiere. ich verstehe
die rechtslogik dahinter, und bin daher dafür, dass die gema konkurrenz
bekommt, dann fiele automatisch die unselige beweislastumkehr.
die sorgt nämlich
auch für unendlich viel verwaltungsaufwand auf allen seiten, wenn ich dran
denke, mit wie viel aufwand die gema hinter dem kleinsten kleinveranstalter
her ist, um noch 19,50€ von ihm rauszupressen. die gema-vermutung sorgt zudem
dafür, dass die gema sehr rabiat mit veranstaltern umspringt. da kann man
jeden veranstalter in deutschland fragen, niemand hatte noch nie ärger mit
der gema, weil sie sich aufführt wie ein monopolist, und – huch! – genau das
ist sie ja auch.
man kann es auch so
beschreiben:
selbstveranstalter
sind im vorteil nur dann, wenn sie teilweise fremde musik spielen, wenn sie
nur eigene spielen sind sie im nachteil, weil sie für sich selbst gema
bezahlen und dafür 15% verwaltungskosten abgezogen bekommen.
doch, die gibt es,
hier leben wir wohl einfach in verschiedenen welten. mr ist musiker einer
band, ich habe fast ausschließlich mit solo-singer-songwirtern und
selbstaufführenden kabarettisten zu tun. so exotisch sind diese fälle ja gar
nicht.
und ich habe aber ganz bewusst von einer ausnahmeregel gesprochen nur für den fall, dass nur material zur aufführung kommt, an dem niemand anders rechte hat, als der aufführende selbst. die halte ich für sinnvoll. |
21. Genauso ärgerlich ist, dass der
Künstler nicht die Wahlfreiheit hat, ob er seine Lieder der GEMA meldet oder
nicht. Sprich: Wenn ich einen Liedtext schreibe für eine klitzekleine freie
Produktion, wo der Komponist nicht in der GEMA ist, dann würde mein kleiner
Liedtext die gesamte Produktion GEMA-pflichtig machen.
MR
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Volker Surmann
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die differenzierung nach werken
sieht die gema nicht vor und es gibt dafür gute gründe. du führst das
beispiel an, daß eine kleine produktion gemafrei bleiben möchte, du quasi
einmalig einen beitrag leisten willst. das ist natürlich löblich, aber wir
haben hier schon wieder den punkt, daß diese veranstaltung darauf aufbaut,
urheber nicht zu vergüten. aber geschenkt! das gegenargument ist, daß solche
seltenen intrinsischen fälle dem normalfall des knallharten musikgeschäfts
gegenüberstehen, wo lizenznehmer darauf bedacht sind, die in schwacher
position stehenden urheber mit ihrer marktmacht möglichst an die wand zu
drücken.
wenn es ab morgen die möglichkeit gäbe, einzelne werke auszuklammern, dann gibt es ab übermorgen keinen filmmusikvertrag, keinen werbemusikvertrag, keinen plattenvertrag mehr, bei dem die lizenznehmer die urheber aus der regulären lizenzvergütung heraus in buy-out-verträge drängen. das soll also die gema beschließen, damit irgend ein kleines projektchen ohne gemagebühr über die bühne gehen kann? |
halt, das habe ich nie gesagt! ich bekomme sehr wohl eine vergütung, für den text bekomme ich ein honorar, entweder als buy-out oder als prozentuale beteiligung an den einspielergebnissen. und selbst wenn ich eine nummer als reines benefiz zur verfügung stellen wollte: die wahlfreiheit sollte bei mir liegen. wenn du so willst: ja, das soll die gema genauso beschließen! die gema ist eine verwertungsgesellschaft, die den gesetzlichen auftrag hat, nutzungsrechte zu vergeben und gebühren an die urheber zu verteilen. die gema ist keine urhebergewerkschaft. leider haben sich in deutschland, anders als in den usa, solche (noch) nicht gegründet. ohne die gewerkschaft der drehbuchautoren geht in hollywood nichts. niemand hindert die filmmusiker daran, sich zu einer schlagkräftigen gewerkschaft zusammenzuschließen. ich will autoren und musiker nicht gegeneinander ausspielen, aber ganz ehrlich: ich hab jahrelang für’s fernsehen geschrieben. bei drehbuchautoren sind buy-out-verträge längst die regel. buy-outs sind nicht per se schlecht. es ist immer eine frage der höhe. wenn das buy-out attraktiver ist als grundhonorar plus erwartete gema-ausschüttung ... wieso nicht? |
Fazit:
Ich will die GEMA nicht abschaffen,
aber sie braucht meines Erachtens dringend Reformen.
Wenn der Aufschrei wegen der neuen
Clubtarife, so übertrieben die Panik auch sein mag, geeignet ist, die Aufsicht
der GEMA, die bislang anscheinend eher lax gehandhabt wurde, zu verbessern,
dann ist das eine gute Sache. Ich glaube auch, dass ein Laden wie die
Regulierungsbehörde, die schon Strom- und Telefonkonzernen sorgsam auf die
Finger schaut, die bessere Aufsichtsbehörde für die GEMA wäre.
Ich war letzte Woche erstmals bei
einer GEMA-Versammlung der angeschlossenen Mitglieder, Es ist auch Aufgabe
jedes angeschlossenen oder Vollmitglieds der GEMA, alles dafür zu tun, den
Laden auch von innen zu reformieren und zu kontrollieren.
MR
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Volker Surmann
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- wo ist die aufsicht über die
gema lax gehandhabt worden?
- du warst bei der mitgliederversammlung, was gut ist. hattest du nicht den eindruck, daß die interessenvertretung gut läuft? ich habe mit mehreren leuten kontakt gehalten, die in der ordentlichen versammlung saßen, teils als ordentliche, teils als delegierte mitglieder. und die haben mir vor allem von der überwiegenden solidarität in den abstimmungen berichtet. bemerkenswerterweise mit einer ausnahme, nämlich der geschlossenen gegenstimmen der textdichter in einem punkt, der diese nicht betraf. als retourkutsche für einen nicht durchgegangenen antrag aus dem letzten jahr. das sind die probleme mit der inneren demokratie. du als textdichter solltest vielleicht mal gezielter kritik formulieren, als hier so allgemein auf die gema einzudreschen von wegen schlechte pr und bizarre schnappsideen. einmal ganz abgesehen davon, daß ich den großteil deiner kritikpunkte bei näherer betrachtung als unbegründet ansehe - solange man vage bleibt, solange die gema das gesichtslose bürokratische monster ist, fällt es natürlich nicht schwer, vehementen tadel zu formulieren. bloß: wer soll den sich annehmen? |
wann ist ein tarif
angemessen oder nicht? die gema beantwortet sich diese gesetzlich gestellte
frage inzwischen selbst und niemand verhindert das.
was heißt
„interessenvertretung“? ich sehe die gema nicht als gewerkschaft oder
lobbyverband an, sondern als dienstleister für den lizenzhandel.
ich hätte gegen die
neuen tarife gestimmt. leider hat man mich nicht gefragt. Ich hab gelernt,
dass die 61.000 angeschlossenen und außerordentlichen mitglieder durch 64
delegierte vertreten werden, die 3.300 vollmitgliedern gegenüberstehen. alle
drei jahre darf ich neue delegierte mitwählen. das habe ich gelernt. die
kandidat/innen stellen sich max. 2 min. vor, dann sollte ich mich
entscheiden.
wieso ich die gema
so stark kritisiere? weil ich das gefühl habe, dass bei vielen
gema-mitgliedern immer sofort ein pawlow’scher gema-verteidigungsrefelex
ausgelöst wird, sobald man nur irgendwas kritisiert, viele können schon gar
nicht mehr außerhalb der gema-regularien und -prinzipien denken.
das „bürokratische monster“ bleibt die gema in meinen augen, solange sie monopolist ist, aber mit mir und mr hat sie zwar kein gesicht, aber doch immerhin zwei stimmen bekommen, die singen zwar sehr unterschiedliche melodien, aber dass nicht alles gut klingen muss, was die gema vertreibt, wissen wir nicht erst seit dieter bohlen. |
Kommentare
als urheber und clubgänger möchte ich mich nur mal kurz bei VS und MR für die sachliche diskussion bedanken.
meistens wird auf uns urheber nur eingeprügelt, meist von aufgehetzten menschen mit sehr wenig oder gar keiner sachkenntnis.
da tut ein übersichtlicher und fairer diskurs wie hier sehr gut.
bitte argumentiert so weiter. ich hoffe, MR bekommt auch noch einmal gelegenheit auf die erwiderungen zu reagieren.
keep up the good work!