Direkt zum Hauptbereich

Brauseboys am 20.3.: Neue Bücher

Einpackhilfe (von Frank Sorge)

Am sonnigen Sonntag fahren wir mit dem Fahrrad durch den Wedding fast bis nach Spandau und zurück, durch den erheblichen Kraftverlust brauchen wir Kuchen zum Abendkaffee und halten am gewohnten Bäcker. Der hat aber nicht mehr die gewohnten Mitarbeiter, arglos bestelle ich zwei Stücke zum Mitnehmen.
“Ich hol uns schnell Kuchen”, habe ich vor einigen Minuten zu meiner Freundin gesagt, die draußen wartet und den Blick über die Müllerstraße streifen lässt.
Die Frau am Tresen hat die Kuchenstücke gefunden, seitdem arbeitet sie für mich verdeckt am Einpacken. Offenbar überlegt sie, wie das ganz grundsätzlich funktionieren soll, so ganz theoretisch erst einmal. Kommt das Einwickelpapier erst unter die Pappe oder wirft man es drüber, und wird es dann darunter gefaltet? Aber wie? Die Zeit verrinnt weiter, die Freundin wundert sich und sieht durch die Scheiben, ich zucke mit den Schultern. Nach zehn Minuten gibt die Verkäuferin auf und reicht mir ein ein völlig verhunztes Paket mit zerknittertem Papier, wo links und rechts jeweils die Kuchenstücke fast herausfallen. Vorsichtig nehme ich alles entgegen. Schon die kleinste unkontrollierte Bewegung kann dazu führen, dass sich alles wiederholt.
“Brauchen Sie noch eine Tüte?”
“Bloß nicht”, denke ich, verabschiede mich und zeige der Freundin draußen das lustige Paket. Die greift einmal ans Papier und faltet es notdürftig ein, dann nimmt sie alles und geht hinein.
Ich sehe, wie sie das Paket auf den Tresen stellt, das Papier abfummelt und der Bäckersfrau freundlich die drei Handgriffe für ein erfolgreiches Kuchenpaket demonstriert. Sich dann fröhlich verabschiedet und beim Hinaustreten neckisch anfügt: “Ich komme morgen wieder und überprüfe das, bis es klappt!”.
Und dann zu mir: “Irgendjemand muss es ja machen.”

~#~#~#~#~#~#~#~#

Donnerstag, 20.3. /20.30 Uhr
La Luz (Oudenarder Str. 16-20)

Die Brauseboys - frische Texte
Jeden Donnerstag nehmen Paul Bokowski, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann und Heiko Werning ihre frisch geputzten Tastaturen und lassen es klappern. Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit elf Jahren jeden Donnerstag mit illustren Gästen. 

Gäste:

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 2.12. im Slaughterhouse (20 Uhr, 2G) + Livestream: Mit Amalia Chikh

Illusionen von Frank Sorge Kennt Ihr noch das Gefühl, auch nach langem Widerstand und dem Ausschöpfen aller rhetorischen Mittel, jemand anderem Recht zu geben? Oder die Verwunderung darüber, nachdem man sein Pulver rundherum verschossen hat, dass man im abziehenden Nebel auf verlorenem Posten war? Oder die Ohnmacht, mit den Sohlen direkt  hineingetreten, einer wirklich peinlich idiotischen Sache auf den Leim gegangen zu sein? Kennt ihr das noch, die Haltung, wie man sich selbst zuhört, worüber man redet, und über sich ein Urteil fällt, ausnahmsweise unbeschönigt? Erinnert Ihr euch an Argumente ohne Rosinenpicken, Strohfeuerwendungen, ohne Täter-Opfer-Umkehr, unlautere Verharmlosungen oder Totschlag-Sperrfeuer, und ohne den Nationalstolz der Weißen? Dann ist ja gut, ich dachte schon, das gäb es kaum noch mehr. Es ist noch alles da, es ist in Mehrheiten vorhanden. Das ist beruhigend und keine Illusion. ~#~#~#~#~#~#~#~# Donnerstag, 2.12. /20 Uhr Kulturfabrik Moabit (Lehrter Str. 35) Bra

Brauseboys am 24.12.: Früher war mehr Lesung

Monolith auf Monolith III (von Frank Sorge) Es begab sich aber zu der Zeit, in der Infektionszahlen nicht sehr geschätzt waren, dass alle Menschen aufgefordert wurden, an den Ort ihres größten Einkaufszettels zu wandern, um möglichst viele Weihnachtsgeschenke noch zu erledigen. Es war auch die Zeit, in der man ‘Weihnachtgeschi’ eingeben muss, um überhaupt einen Treffer zu ‘Weihnachtsgeschichte’ zu landen, denn es war die Zeit der Geschenke, nicht der Geschichten. Da machte sich auch Frank aus dem Wedding, auf in das alte Land, das da heißt Tempelhof, und ging zum Ikea, damit er gezählt werde bei Eingang und Ausgang, und damit seine Finanzen geschätzt werden könnten, im Vergleich zum Einkaufe. Und er hatte einen Beutel dabei, darin waren andere Beutel, und in einem Beutel sogar noch ein Beutel. Und als er dort war, kam nach einer Stunde Schlangestehen die Zeit, dass er einkaufte. Und er nahm ein erstes Paket Kerzen und legte es in einen Einkaufswagen, denn er hatte sonst keinen Raum in

Brauseboys Live + Stream am 24.2. (20 Uhr, 2G) im Slaughterhouse: Mit Felix Jentsch

Russisches Roulett (von Frank Sorge) Ralle: Dit is' Ding, wa? Mit die Ukraine? Dieter: Wat ham die denn für ne Inzidenz? Ralle: Nich Corona, Dieter, Invasion. Dieter: Jibts ne neue Mutante? Ralle: Alte Mutante, Sowjet-Style. Dieter: Und jetzt ham die mehr Medaillen, oder wat? Ralle: Nich Olympia, Dieter, die Russen. Dieter: Ja, die hatten die meisten, oder? Ralle: Nee, dit war früher mal, die warn jarnich dabei, also doch, aber nich als Russland. Dieter: Ach, jenau, wegen Doping. Wie hieß do' gleich der chinesische Jesundheitsminister? Ralle: Janz olle Kamelle, Dieter. Minister ham die ooch, gloob ick, janich mehr, macht allet Putin. Dieter: Der kann Karate, wa? Ralle: Judo. Dieter: Und wat sacht der jetzt? Ralle: Versteh ick nich, aber wat er macht, sieht man ja. Panzer, Soldaten, Raketen, die janze Grenze lang een Uffmarsch. Een abjekartetet Spiel, sag ick dir. Dieter: Ick kenn nur Russisch Roulett. Ralle: Jenau, so ähnlich kommt mir dit vor, nur mit alle Patronen drin. Sag