Aber dann (von Frank Sorge)
Vielleicht sollte sich der Wedding jetzt auch abspalten und seine Unabhängigkeit ausrufen. Was verstehen denn die anderen von uns? Den Reinickendorfern sind wir zu städtisch, der Mitte zu schmuddelig, den Moabitern zu wenig krass und den Pankowern zu ungebildet, Alter. Und über die Nachbargrenzen hinaus wird das Urteil nicht schmeichelhafter.
Infolgedessen wird der Wedding durch die Zentralverwaltung politisch vernächlässigt, finanzielle und kulturelle Infiltration von oben bedroht seine Integrität. Nichtraucher, Dispo-Positive, Apple-Agenten und Wurstvegetarier machen sich in den staubigen Schankräumen einheimischer Eckkneipen breit und an klebrigen Dönertischen. Sie finden es sogar “cool”.
Wenn wir aber die letzte verwanzte Schrabbelecke des Berliner Zentrums bleiben wollen, liegt es nahe, zu handeln. Die historische Gelegenheit ist da, die meisten Verantwortlichen gucken noch etwas länger Richtung BER und träumen davon abzuhauen, wenn es dann endlich geht. Hegen eine Hoffnung, die womöglich nicht mal aufs Rollfeld kommt.
Fliegt, Gedanken, fliegt!
Als Währung und erste Glücksmaßnahme für die Sorgen der Weddinger schwebt mir eine Einheit names “Geld” vor, da ist kein Staat meines Wissens bisher drauf gekommen, in Form von “Münzen” und “Scheinen”. Zehn Münzen sind ein Schein, zehn Scheine ein “Geld”. Unter hundert Münzen oder zehn Scheinen hat man “kein Geld” und kann sich im Geldinstitut auf “hat wieder Geld” aufstocken lassen.
Das ehemalige Bezirksrathaus wird ja gerade saniert, vielleicht sollten wir noch so lange warten, bis es fertig ist, um die künftige Machtzentrale frisch gestrichen vorzufinden. Oder doch noch etwas länger, bald ist ja Ostern, dann noch WM, und dann erstmal Urlaubszeit. Aber dann.
Donnerstag, 27.3. /20.30 Uhr
La Luz (Oudenarder Str. 16-20)
Die Brauseboys - frische Texte
Jeden Donnerstag nehmen Paul Bokowski, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann und Heiko Werning ihre frisch geputzten Tastaturen und lassen es klappern. Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit elf Jahren jeden Donnerstag mit illustren Gästen.
Gäste:
Tim Kempert
Veras Kabinett
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