Die nächste Generation (von Frank Sorge)
Was machte ich als Neuköllner Kind nach der Schule? Genau, ich stellte mich vor das Schaufenster des Waffenladens in der Nähe und gaffte. Nicht täglich, aber gefühlt häufiger als nicht. Es war nicht einfach, einen Platz in den vorderen Reihen zu bekommen, denn als Neuköllner Schulkind hatte man nicht alleine Schulschluss. Ein richtiger Pulk bildete sich da, vor dem Waffenladen, in dem es die Dinge gab, die man nur aus dem Fernsehen kannte: Pistolen, zackige Buschmesser, Schwerter. In den Jungsgrüppchen, in denen man gekommen war, fachsimpelte man dann gemeinsam über die verschiedenen Totmacherwerkzeuge, und tauschte sich aus, welcher Waffentyp man selbst war. Mädchen kamen nicht mit, es war eine andere Zeit, die Dinge sortierter. Die machten Tests in ihren bunten Heften, welcher Frisurentyp sie waren, oder so, wir klebten Plastikbomber aus Modellbaukästen zusammen. Für Krieg und Waffen interessierte man sich als Junge einfach, das war so überliefert, erfüllte sich wieder, und auch wenn ich keiner Ameise die Fühler krümmen würde, konnte ich mich doch der Faszination hingeben, die eine Schwertklinge ausübt. Wir wussten immer, wenn etwas am Vortag umdekoriert worden war, oder neue Produkte dazukamen, Wurfsterne und Klappmesser.
Kunden des Ladens sahen wir nie. Aber die wussten vermutlich schon, zu welcher Zeit sie den Laden nicht besuchen würden. Sie wären auch kaum an den ganzen Kindern vorbeigekommen, jedenfalls nicht beim Weg hinein. Beim Weg hinaus wären wir von selbst ausgewichen. Aber auch den Verkäufer sahen wir nie, er ließ uns gewähren. Obwohl ich mir bis heute nicht vorstellen kann, wie man als erwachsener Waffenkäufer durch einen Pulk Kinder sich durchdrängeln kann, und danach immer noch den Wunsch hat, Waffen zu kaufen. Mich würde es beeindrucken, als Verkäufer hätte ich uns vertrieben. Aber wahrscheinlich war das aussichtslos, und vielleicht sah er in uns auch die nächste Käufergeneration heranreifen.
~#~#~#~#~#~#~#~#
Donnerstag, 4.3. /20 Uhr
Die Brauseboys im Livestream am 4.3.: Wellenreiter
Könnte man die ganze Virus-Chose auch positiv formulieren? Nach nur wenigen Monaten heilsamer Kulturentwöhnung stabilisiert sich die Lage auf einem günstigen Niveau, um weitere... nein, geht leider nicht. Was heißt außerdem Kulturentwöhnung, wir finden ja statt, im Internet-Exil. Aber irgendwas muss man positiv formulieren können, da bin ich mir ganz sicher. Etwas in die Richtung von 'wenigstens das', aber so formuliert wie ein halbvolles Bierglas. Genau, das haben wir, volle Flaschen. Auf der Arbeit, auf der Bühne, auf dem Teppichboden, der die Welt bedeutet. Ah, ich spüre, ich bin auf dem richtigen Weg. Wir lesen in einem Stadion, das nie ausverkauft ist, so voll es auch wird. Wir lesen für mehrere Kontinente, also richtige, nicht nur so Kontinentzipfel. Man kann uns auch auf der Raumstation ISS empfangen! Außerdem speichern wir uns im Internet, das ja noch eine Weile da sein wird. Wenn die Kinder oder Enkel mal groß sind und fragen, was wir so gemacht haben, als sie noch jung waren, und wir auch fast noch, schicken wir einfach einen Link. So war das damals, bei den ersten Wellen, da waren wir Wellenreiter im Internet - und schaut doch mal, wie retro wir alle aussehen. Ja, genau, das war unser Style, Wedding Style. Seid also live dabei, wenn wir diese schönen Erinnerungen aufzeichnen. Schaltet an, seid dabei, klickt auf die virtuellen Herzen und lauscht den Avataren von Thilo Bock, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann & Heiko Werning
Die Donnerstage im März lesen wir weiter im Livestream. Wie gewohnt auf unserer Facebook-Seite, aber auch parallel auf YouTube und Twitch.
Facebook: https://www.facebook.com/brauseboys/live
YouTube: https://www.youtube.com/BrauseboysTV
Twitch: https://www.twitch.tv/brauseboys
Virtuellen Eintritt (regulär 8€/5€) bitte spenden an:
hutspende@brauseboys.de auf PayPal
oder per Banküberweisung an Volker Surmann mit Verwendungszweck "Brauseboys":
IBAN DE32 1009 0000 7093 4270 03 (Volksbank Berlin)
~#~#~#~#~#~#~#~#
SAVE THE DATES - Brauseboys-Jubiläum - 18 Jahre - endlich erwachsen!
Donnerstag, 18.3. >Die Brausegirls - Live aus der Ferne >20 Uhr
Einmal im Jahr übernehmen die tollsten Künstlerinnen der Lesebühnenszene unsere Bühne, und da das schon im letzten Jahr ausfallen musste, sagen wir dieses Mal: Dieses Mal nicht! Wir holen sie einfach ins Echsenstudio und senden ins Internet, wie eine bessere Welt aussehen könnte.
Samstag, 20.3. >Brauseboys-Galastream - endlich erwachsen! >20 Uhr
Noch ein Stream? Ja, am Wochenende, eine zünftige Pixel-Party, ein Fest. Dafür kommen die Jogginghosen in die Wäsche, die Galauniformen werden entstaubt, und wir wechseln den Ort. Ja, das hat man früher auch so gemacht, wenn man am Wochenende mal was erleben wollte. Aber keine Panik, ihr müsst nicht raus, wir kommen zu euch. Live aus dem Festsaal im Mastul: 18 Jahre Brauseboys!
Kommentare