Direkt zum Hauptbereich

Brauseboys am 1.10. in der Kulturfabrik Moabit: Grüße von drinnen

Widerwillen (von Frank Sorge)

Als ich nach Hause zurückkehre, steht dort jemand an der Haustür, der hinein will. Nur, um unsere Mülltonnen zu überprüfen, ob Pfandflaschen hineingewandert sind, aber ich mag ihm heute nicht aufmachen. Wenn ich jetzt aber hineingehe ins Haus, geht er mir ja doch hinterher hinein, da müsste ich ihm schon sagen, dass er draußen bleiben soll. Aber das möchte ich gar nicht, also doch, heute ja, aber ich möchte den Entschluss nicht verteidigen. Er trägt auch keine Maske und blockiert die Tür. Also entschließe ich mich zu gar nichts und gehe weiter zum Bäcker, um Zeit zu schinden. Mit dem letzten Kleingeld kann ich einen Butterring erwerben, aber der Verkäufer will mein Kleingeld eigentlich nicht.
“Soll ich großes Geld holen?”, biete ich an.
Er nimmt es widerwillig, und ich nehme den Butterring widerwillig. Wir sind beide sehr widerwillig. Doch etwas beschämt beschließe ich, die Backware jetzt wenigstens dem Flaschensammler anzubieten, sollte er noch da sein. Denn dass ich weitergegangen bin, wird gar nicht verhindert haben, dass er hineingelangt ist. Ich hab also nicht mal erreicht, was ich wollte, ich habe mich nur aus der Verantwortung gestohlen.
Es ist niemand da, ich trage den Butterring hoch, wo er mir vorwurfsvoll Appetit macht. Ich esse ihn, damit das aufhört, aber er bleibt auf dem Teller, er hat seinen eigenen Willen. Es ist der Widerwillen selbst.
~#~#~#~#~#~#~#~#
Donnerstag, 1.10.20 / 20 Uhr
Kulturfabrik Moabit (Café), Lehrter Str. 35



Die Brauseboys - Weddinger Lesebühne in Moabit - Im Café mit Andreas Max Martin


So schön, schön war die Zeit draußen, aber bevor nicht die Glühweinsaison beginnt, wärmen wir uns unter möglichst sicheren Bedingungen zeitweilig drinnen auf. Für die nächsten Wochen ziehen wir ins Café der Kulturfabrik vorne, mit begrenzten Sitzplätzen und geöffneten Fenstern (Querlüften statt Querdenken). Fall übrigens noch jemand einen Sommer übrig hat, den er oder sie gerade nicht braucht, wir würden ihn nehmen. Unterstützt werden wir von einem musikalischen Gast, der noch jedes kalte Herz zu schmelzen vermag: Andreas Max Martin.
~#~#~#~#~#~#~#~#
Jeden Donnerstag lesen & singen Thilo Bock, Nils Heinrich, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann, Heiko Werning und Gäste. Da wir im Eschenbräu zu wenig Platz für sichere Lesungen haben, bleiben wir auch im Herbst in Moabit. Die nächsten Male werden im gut gelüfteten Café der Kulturfabrik Moabit  vorne stattfinden, jeden Donnerstag um 20 Uhr.


Die Kufa erreicht man mit dem M27, dem Bus 123, oder nach beschwingtem Fuß- oder Fahrradweg vom Hauptbahnhof, oder über die Fennbrücke vom U-Bhf Reinickendorfer Straße aus.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 18.7. (20 Uhr) mit Susanne M. Riedel, Uli Hannemann & Josias Ender

Kein Boom in Sicht (von Frank Sorge)   Ich kenne einen Ort in Brandenburg, der einen schönen kleinen Bahnhof hat. Es ist fast das Ende einer Bahnstrecke und viele Menschen wohnen hier nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Strecke verkürzt und der Bahnhof fing an zu überwuchern. Gegenüber war jetzt eine Bushaltestelle, die stündlich eine Anbindung an das neue Ende der Bahnstrecke bot. Wirtschaftlich war das offenbar auch nicht, erst wurden die Busse verkleinert, dann ein 2-Stundentakt daraus gemacht. Es sind mindestens zehn oder fünfzehn Jahre seit der Streckenverkürzung ins Land gegangen, am Sonntag fährt fast kein Bus mehr. Der Bahnhof ist immer noch schön, jetzt vor allem schön verwittert. Die ganze Gegend hat sich kaum verändert in den fast dreißig Jahren, die ich den Ort kenne, mal abgesehen vom großen Logistikcenter und seinen LKWs. Dabei ist es nah an Berlin, wo doch sonst alles boomt. Profitiert hat von der Streckenverkürzung mutmaßlich niemand, es wurde nur immer sc...

Brauseboys am 4.7. (20 Uhr) mit Ahne und dem Kreuzmusik-Duo

Zeitstrudel (von Frank Sorge)   Auch im Wedding merkt man, dass die Ferienzeit beginnt. Überall ortsfremde junge Menschen mit Reiserucksäcken, in der Liebenwalder am Hostel heute ein ständiger Strom von Abiturientinnen und Abiturienten aus anderen Bundesländern. Der traditionelle Berlinbesuch zum Schulabschluss, er besteht offenkundig fort.  Als ich spät noch zwei Bier vom Späti hole, kommen sie mir auf dem Rückweg entgegen. Erst gucken sie mich verstohlen an, den wirren Streuner mit den zwei Bierflaschen, vor den leuchtenden Fenstern von Falafelladen und Casino, dann sehen sie hinter mir die kleine Spätkauf-Arena, die sich vor dem Laden draußen um den Fernseher gebildet hat. Denn es ist EM und ein Türkei-Spiel, und wenn es der Öffentlich-Rechtliche Fernsehfunk nicht zeigt, dann macht es der Spätkauf und kein Anwohner und kein Ordnungsamt löst die Arena auf, Ehrensache! Aber es ist lustig, wie die Augen der jungen Berlinbesucher aufgerissen sind. Als würden sie dahinter denke...

Brauseboys am 20.6. (20 Uhr) mit Tilman Birr & Yunas im Haus der Sinne

Isla del Balkonia (von Frank Sorge)   Was soll ich auf der Alm, im Diesel-Traktorqualm? Was zieht dich noch nach Sylt, der braune Strand? Dass man im Wedding besser chillt, liegt wohl auf der Hand.   Überhaupt in der Natur, störst du im Zweifel nur. Zertrampelst Käfer auf Waldwegen, scheuchst Rehe ins Gebüsch, bist jedem Mückenschwarm erlegen auf der Jagd nach fremden Fisch.   Ich häng heute lieber schlapp auf Isla del Balkonia ab. Im Schatten der Hängegeranien, mit Windrad, Hanfblüte und Grill, ein Buch über Transsylvanien, und mittags schon ein Promille. ­ Brauseboys am Donnerstag, 20.6. (20 Uhr) mit Tilman Birr & Yunas   Haus der Sinne (Ystader Str. 10)   Oleole, das Lesebühnenfieber hält an! Die emotionalsten Texte, die schnellsten Pointenjäger, jede Begegnung ein Knüller, Public Hearings, sympathische Mannschaften, ein Sommerliteraturmärchen! Wir haben sportliche, neue Texte geschrieben und beabsichtigen, diese in der Euphoriekurve des Stadions Haus de...