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Brauseboys am 22.8.: Ahoi Kapitän

Spätverkauf von Welt (von Frank Sorge)

Meine armen Ohren und das arme Verarbeitungsorgan dazwischen. Geplagt erst vom Lärm der weiten Welt und dann vom Posaunenchor der Presslufthämmerer auf der Hinterhofbaustelle. Die Woche danach gehörte akustisch dem Rüttler, einer besonders schönen Gattung ratterndender Baumaschinen. Der neue Sand musste geebnet und verdichtet werden, für die neuen Bodensteine, damit sie ordentlich und plan eingeklopft werden konnten. Erst nach Feierabend, wenn der letzte Hammer gefallen ist, tauche ich erleichtert in die Abendruhe wie in ein Wattebett. Dort gewinne ich Kraft, und bekomme Durst, so dass ich nach langer Zeit mal wieder den Spätkauf gegenüber aufsuche.
"Na, war wieder Pornodreh?", begrüßt mich der Spätverkäufer, seine aktuelle Einschätzung meiner beruflichen Aktivitäten.
"Geht erst langsam wieder los", sage ich, "war im Urlaub."
"Urlaub? Für mich wär das Urlaub."
"Was?"
"Pornodreh, Mann. Hast du mal gefragt, ob sie noch Leute suchen?"
"Ich war doch weg, aber man braucht auch mal ne Pause."
"Du vielleicht. Wo warst du denn?"
"Zuletzt noch einmal in New York."
"Oh, Mann", er schaut mich skeptisch an, "was willst du denn da, Mann?"
"Na, mal alles angucken. Aber es ist laut da..."
"Ja, Mann, Alter, und es stinkt, und ist voll teuer, hätte isch dir vorher sagen können."
"Ziemlich heiß auch, jetzt im August."
"Ey, Mann, das ist doch kein Urlaub, da fährt man doch nicht hin, ist doch wie hier."
"Du hast recht, aber hier ist viel schöner."
"Kannst du auch nicht sagen, Mann. Guck mal raus, Alter, hier ist Wedding."
Wir gucken raus. Und sehen den Wedding, ein langweiliges Stück Seestraße, auf dem langweilige Autos vorbeifahren.
"Nächstes Mal fährst du an den Strand, oder so."

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Donnerstag, 22.8. /20.30 Uhr
La Luz (Oudenarder Str. 16-20, Osram-Höfe)

Die Brauseboys
Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit zehn Jahren jeden Donnerstag mit neuen Texten. Paul Bokowski, Hinark Husen, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann, Heiko Werning und Gäste lesen was vor.

Gäste:
Ralph Weibel (Das Leben ist zu kurz für lange Geschichten)
Rummelsnuff feat. Christian Asbach (Derbe Strommusik):

Kommentare

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Heiligabend mit den Brauseboys

Was ich mache, wenn ich nicht den Newsletter schreibe 1.) Eine Strichliste anlegen, wie oft ich das Wort Blitzeis im Radio höre. Überlegen, wie ich mit den Varianten "Blitzendes Eis", "Blitzkrieg", "Blitzer" und "geblitzt wird" umgehen soll. 2.) Pfefferkörner kaufen und in die Pfeffermühle bis zum Rand einkullern lassen, dann eine Brötchenhälfte mit Kassler und Käse belegen und mit Pfefferschrot schwärzen. Mich am frischen Duft der zerrissenen Splitter berauschen. 3.) Aus dem Fenster sehen. Auf der verbliebenen Schneedecke im Hof ist ein Vogel herumgelaufen, offenbar von schwerer innerer Verwirrung betroffen hat er stundenlang in vielfältigen Kreisen sein verstörendes Schneegemälde gemalt. 4.) Zeitung lesen und über Kopenhagen informieren. Der sudanesische Sprecher und "Bremser" heißt Lumumba Stanislaus Di-Aping. Die Ladezeit der Facebook-Fanseite von Thorsten Schäfer-Gümbel ist enorm. Er sagt: "Dem Schneckentempo

Brauseboys Live + Stream am 24.2. (20 Uhr, 2G) im Slaughterhouse: Mit Felix Jentsch

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Brauseboys am 2.12. im Slaughterhouse (20 Uhr, 2G) + Livestream: Mit Amalia Chikh

Illusionen von Frank Sorge Kennt Ihr noch das Gefühl, auch nach langem Widerstand und dem Ausschöpfen aller rhetorischen Mittel, jemand anderem Recht zu geben? Oder die Verwunderung darüber, nachdem man sein Pulver rundherum verschossen hat, dass man im abziehenden Nebel auf verlorenem Posten war? Oder die Ohnmacht, mit den Sohlen direkt  hineingetreten, einer wirklich peinlich idiotischen Sache auf den Leim gegangen zu sein? Kennt ihr das noch, die Haltung, wie man sich selbst zuhört, worüber man redet, und über sich ein Urteil fällt, ausnahmsweise unbeschönigt? Erinnert Ihr euch an Argumente ohne Rosinenpicken, Strohfeuerwendungen, ohne Täter-Opfer-Umkehr, unlautere Verharmlosungen oder Totschlag-Sperrfeuer, und ohne den Nationalstolz der Weißen? Dann ist ja gut, ich dachte schon, das gäb es kaum noch mehr. Es ist noch alles da, es ist in Mehrheiten vorhanden. Das ist beruhigend und keine Illusion. ~#~#~#~#~#~#~#~# Donnerstag, 2.12. /20 Uhr Kulturfabrik Moabit (Lehrter Str. 35) Bra