Lautdifferenzen (von Frank Sorge)
"Und, ja, unglaublich laut, vor allem New York. Wie man es mit dieser Lautstärke aushält, kann ich mir kaum vorstellen. Und wie herrlich ruhig Berlin dagegen ist", erzähle ich am Telefon, "aber das liegt nicht nur daran, dass es mehr Menschen sind, alles ist lauter. Und alle sind lauter. Mit meiner normalen Stimmstärke hatte ich die ganze Zeit das Gefühl zu wispern. Als hätte ich immer nur gewispert, oder geflüstert. Man sagt also ganz normal "Cheeseburger" oder "Medium Coffee Latte please", und dann lehnen die sich so vor, aber nicht zu weit, falten konzentriert die Stirn, damit du es ihnen noch einmal ganz in Ruhe wiederholen kannst. Den Kollegen am Milchschaumbereiter stoppen sie mit einer knappen Geste. "Coffee Latte Medium" wiederholst du, pieps, pieps, der nette Herr vom Starbucks hat dich kleines Mäuschen jetzt vermutlich verstanden. Aber er fragt dich noch was, viel zu laut, du hast dich direkt erschrocken. Er will deinen Namen wissen, warum das denn noch, fragst du dich, und das ist so ein Tonfall, da tastest du schon nach deinem Pass. Aber verstehst schließlich, aha, damit drei Minuten später jemand "Frank" rufen kann, wenn der Kaffee fertig ist. Statt Kaffee zu rufen, wenn der Kaffee fertig ist. So ein Unsinn, alles ist einfach unnötig laut dort, und hier, sogar an der Seestraße - was für eine Ruhe dagegen..."
Plötzlich höre ich nichts mehr. Es ist Montagmorgen und Arbeiter im Hinterhof setzen die Presslufthämmer an, um den komplett verbetonierten Hinterhof von eben diesem Beton wieder zu befreien. Sie hören auch tagelang nicht mehr auf damit, als läge darunter noch ein vielversprechender Steinkohleflöz, der aufgebrochen werden muss. Pünktlich um 7.30 Uhr beginnen sie jetzt zärtlich mit den druckvollen Instrumenten meine Gehörgänge zu malträtieren. Das Telefonat konnte ich bisher nicht beenden, aber bis zu diesem Punkt war ja auch eigentlich das Wesentliche erzählt.
Donnerstag, 15.8. /20.30 Uhr
La Luz (Oudenarder Str. 16-20, Osram-Höfe)
Die Brauseboys
Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit zehn Jahren jeden Donnerstag mit neuen Texten. Paul Bokowski, Hinark Husen, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann, Heiko Werning und Gäste lesen was vor.
Gäste:
Sven van Thom (Ach!):
Johannes Krätschell (Leseduellant):
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