Direkt zum Hauptbereich

Brauseboys am 15.8. mit Sven van Thom und Johannes Krätschell

Lautdifferenzen (von Frank Sorge)

"Und, ja, unglaublich laut, vor allem New York. Wie man es mit dieser Lautstärke aushält, kann ich mir kaum vorstellen. Und wie herrlich ruhig Berlin dagegen ist", erzähle ich am Telefon, "aber das liegt nicht nur daran, dass es mehr Menschen sind, alles ist lauter. Und alle sind lauter. Mit meiner normalen Stimmstärke hatte ich die ganze Zeit das Gefühl zu wispern. Als hätte ich immer nur gewispert, oder geflüstert. Man sagt also ganz normal "Cheeseburger" oder "Medium Coffee Latte please", und dann lehnen die sich so vor, aber nicht zu weit, falten konzentriert die Stirn, damit du es ihnen noch einmal ganz in Ruhe wiederholen kannst. Den Kollegen am Milchschaumbereiter stoppen sie mit einer knappen Geste. "Coffee Latte Medium" wiederholst du, pieps, pieps, der nette Herr vom Starbucks hat dich kleines Mäuschen jetzt vermutlich verstanden. Aber er fragt dich noch was, viel zu laut, du hast dich direkt erschrocken. Er will deinen Namen wissen, warum das denn noch, fragst du dich, und das ist so ein Tonfall, da tastest du schon nach deinem Pass. Aber verstehst schließlich, aha, damit drei Minuten später jemand "Frank" rufen kann, wenn der Kaffee fertig ist. Statt Kaffee zu rufen, wenn der Kaffee fertig ist. So ein Unsinn, alles ist einfach unnötig laut dort, und hier, sogar an der Seestraße - was für eine Ruhe dagegen..."
Plötzlich höre ich nichts mehr. Es ist Montagmorgen und Arbeiter im Hinterhof setzen die Presslufthämmer an, um den komplett verbetonierten Hinterhof von eben diesem Beton wieder zu befreien. Sie hören auch tagelang nicht mehr auf damit, als läge darunter noch ein vielversprechender Steinkohleflöz, der aufgebrochen werden muss. Pünktlich um 7.30 Uhr beginnen sie jetzt zärtlich mit den druckvollen Instrumenten meine Gehörgänge zu malträtieren. Das Telefonat konnte ich bisher nicht beenden, aber bis zu diesem Punkt war ja auch eigentlich das Wesentliche erzählt.

~#~#~#~#~#~#~#~#
Donnerstag, 15.8. /20.30 Uhr
La Luz (Oudenarder Str. 16-20, Osram-Höfe)

Die Brauseboys
Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit zehn Jahren jeden Donnerstag mit neuen Texten. Paul Bokowski, Hinark Husen, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann, Heiko Werning und Gäste lesen was vor.

Gäste:
Sven van Thom (Ach!):
Johannes Krätschell (Leseduellant):

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 2.12. im Slaughterhouse (20 Uhr, 2G) + Livestream: Mit Amalia Chikh

Illusionen von Frank Sorge Kennt Ihr noch das Gefühl, auch nach langem Widerstand und dem Ausschöpfen aller rhetorischen Mittel, jemand anderem Recht zu geben? Oder die Verwunderung darüber, nachdem man sein Pulver rundherum verschossen hat, dass man im abziehenden Nebel auf verlorenem Posten war? Oder die Ohnmacht, mit den Sohlen direkt  hineingetreten, einer wirklich peinlich idiotischen Sache auf den Leim gegangen zu sein? Kennt ihr das noch, die Haltung, wie man sich selbst zuhört, worüber man redet, und über sich ein Urteil fällt, ausnahmsweise unbeschönigt? Erinnert Ihr euch an Argumente ohne Rosinenpicken, Strohfeuerwendungen, ohne Täter-Opfer-Umkehr, unlautere Verharmlosungen oder Totschlag-Sperrfeuer, und ohne den Nationalstolz der Weißen? Dann ist ja gut, ich dachte schon, das gäb es kaum noch mehr. Es ist noch alles da, es ist in Mehrheiten vorhanden. Das ist beruhigend und keine Illusion. ~#~#~#~#~#~#~#~# Donnerstag, 2.12. /20 Uhr Kulturfabrik Moabit (Lehrter Str. 35) Bra

Brauseboys Live + Stream am 24.2. (20 Uhr, 2G) im Slaughterhouse: Mit Felix Jentsch

Russisches Roulett (von Frank Sorge) Ralle: Dit is' Ding, wa? Mit die Ukraine? Dieter: Wat ham die denn für ne Inzidenz? Ralle: Nich Corona, Dieter, Invasion. Dieter: Jibts ne neue Mutante? Ralle: Alte Mutante, Sowjet-Style. Dieter: Und jetzt ham die mehr Medaillen, oder wat? Ralle: Nich Olympia, Dieter, die Russen. Dieter: Ja, die hatten die meisten, oder? Ralle: Nee, dit war früher mal, die warn jarnich dabei, also doch, aber nich als Russland. Dieter: Ach, jenau, wegen Doping. Wie hieß do' gleich der chinesische Jesundheitsminister? Ralle: Janz olle Kamelle, Dieter. Minister ham die ooch, gloob ick, janich mehr, macht allet Putin. Dieter: Der kann Karate, wa? Ralle: Judo. Dieter: Und wat sacht der jetzt? Ralle: Versteh ick nich, aber wat er macht, sieht man ja. Panzer, Soldaten, Raketen, die janze Grenze lang een Uffmarsch. Een abjekartetet Spiel, sag ick dir. Dieter: Ick kenn nur Russisch Roulett. Ralle: Jenau, so ähnlich kommt mir dit vor, nur mit alle Patronen drin. Sag

Brauseboys am 24.12.: Früher war mehr Lesung

Monolith auf Monolith III (von Frank Sorge) Es begab sich aber zu der Zeit, in der Infektionszahlen nicht sehr geschätzt waren, dass alle Menschen aufgefordert wurden, an den Ort ihres größten Einkaufszettels zu wandern, um möglichst viele Weihnachtsgeschenke noch zu erledigen. Es war auch die Zeit, in der man ‘Weihnachtgeschi’ eingeben muss, um überhaupt einen Treffer zu ‘Weihnachtsgeschichte’ zu landen, denn es war die Zeit der Geschenke, nicht der Geschichten. Da machte sich auch Frank aus dem Wedding, auf in das alte Land, das da heißt Tempelhof, und ging zum Ikea, damit er gezählt werde bei Eingang und Ausgang, und damit seine Finanzen geschätzt werden könnten, im Vergleich zum Einkaufe. Und er hatte einen Beutel dabei, darin waren andere Beutel, und in einem Beutel sogar noch ein Beutel. Und als er dort war, kam nach einer Stunde Schlangestehen die Zeit, dass er einkaufte. Und er nahm ein erstes Paket Kerzen und legte es in einen Einkaufswagen, denn er hatte sonst keinen Raum in