Die mürrische Mona (von Frank Sorge)
Unter den unbesungenen Attraktionen unseres vielseitigen Stadtteils ist sie die stabilste, die eine Tabakladen-Verkäuferin. Ich verrate nicht welche, aber schon als junger Student habe ich dort gelegentlich gekauft, Tabak, Briefmarken, Lottoscheine, Zeitungen, weil ich im selben Haus einen Nebenjob hatte, und seit ich hier um die Ecke wohne, gibt es alle ein oder zwei Wochen Gelegenheit, schnell in den Laden zu gehen. Ich kann jetzt also mit einiger Sicherheit sagen, seit 25 Jahren ist ihre schlechte Laune hart wie Granit, ihr abschätziger Blick unverwüstlich. Jedes Mal wieder staune ich, wie viel Abscheu man gegenüber den Kunden aufbringen kann, von denen man doch eigentlich abhängt. Das einzige Lächeln, das ich von ihr kenne, ist so spöttisch, damit hätte sie als Lord Voldemort den Oscar gewonnen. Hätte ich als Leonardo die mürrische Mona Lisa gemalt, dann wäre es dieses herablassende Krümmen der Mundwinkel, das die Welt jetzt bewundert.
Gestern wollte ich eine Briefmarke kaufen. “Gibts nicht mehr!”, blafft sie als Antwort.
“Und so Erweiterungsmarken für das alte Porto?”
“Auch nicht mehr, alles nur im Zehnerpack.”
Mit fieser Genugtuung kassiert sie mich für zwei Zehnerpacks ab, als hätte sie irgendeine Wette gewonnen und ich meinen Sportwagen verloren. Aber was hatte ich denn eigentlich falsch gemacht? Ist doch völlig okay mit den Zehnerpacks, ich habe nur fünf Sekunden darüber nachgedacht, ob ich das zweite dann brauche. Aber sofort hinterlässt sie bei mir das Gefühl einer Zumutung, als wäre ich irgendwie Schuld an ihrer Laune, als wäre es mein fieser Plan gewesen, sie durch Marginalkäufe zu demütigen.
Liebhaber des Devoten immerhin kommen hier jederzeit auf ihre Kosten.
Donnerstag, 23.1. (20 Uhr)
Haus der Sinne (Ystader Str. 10)
Wir haben eine Lösung gegen die Flut der absurden Nachrichten aus Amerika: Einfach nicht mehr hingucken und nicht allen Quatsch multiplizieren! Das klingt auf den ersten Blick nicht besonders klug, aber sich ständig mental den halben Tag verderben ist auch nicht sinnvoll. Einen gewissen Wachdienst können wir ja in Schichten aufteilen, wir sind ausreichend Menschen dafür. Wir könnten zum Beispiel die fünf Minuten Donnerstags von 19.55-20 Uhr übernehmen, jeder Brauseboy eine Minute. Da sind wir dann frisch informiert, wenn die Show losgeht und den Rest der Woche können wir glücklich und unbesorgt Blüten im Pflanzzelt zupfen oder den Dönerspießen beim Drehen zuschauen. Alles besser als El... ach, ihr wisst schon wen. Die wollen ja nur, dass man ständig ihre Namen sagt, aber wir wollen viel lieber auf die Namen unserer Gäste im Haus der Sinne hinweisen, sie preisen und euch zur Erinnerung anvertrauen! Diese Woche verstärken uns Noah Klaus von der Lesebühne 'Prunk und Prosa' und das fröhliche Trio Frau Rotkohl!
Kommentare