Schwamm drüber (von Frank Sorge)
In der Straßenbahn belausche ich unfreiwillig ein Pärchen irgendwo hinter mir, ich sehe nicht hin, die Stimmen sind jung. An der Bösebrücke sinnieren sie über die Mauer, die sie nicht mehr kennenlernen konnten.
"Unglaublich, oder?", sagt sie, "dass hier einfach eine Mauer durchging."
"Unsere Eltern haben das alles erlebt", sagt er, "das ist krass, oder?"
Das finde ich auch, vor allem, dass alles schon so historisch beschrieben ist. War doch erst gestern.
"Das muss eine wilde Zeit gewesen sein", sinniert er weiter.
Verrückt war es, überlege ich, aber eigentlich nicht wild. Plötzlich war sehr viel mehr möglich, aber das artete nicht gleich immer in Ekstase aus, jedenfalls auf der Westseite. Wahrscheinlich ist automatisch alles wild, wenn man zwanzig ist, davor und danach weniger. Ich war zu jung für wild. Wild waren die Siebziger, oder? Da war ich wiederum nicht dabei, aber ich kenne Tapetenmuster aus den Siebzigern. Die waren wilder, als alles, was ich bislang auf diesem Feld gesehen habe.
Er will erklären, was Westen und Osten war, kommt durcheinander. Sie sehen aus dem Fenster und wissen nicht mehr, wo sie sind. Ich könnte es ihnen sagen, aber fühle mich nicht berufen. Ist doch schön, wenn sie es auf den ersten Blick nicht mehr erkennen, oder nicht wissen, wonach sie gucken müssten. Irgendwann muss man ihnen sowieso die Stadt überlassen und sie machen damit, was sie wollen.
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Donnerstag, 28.7. /20 Uhr
Kulturfabrik Moabit (Lehrter Str. 35)
Die Brauseboys am 28.7. im Windlicht: Open Air mit Andreas Liebert
Wir können als Event nicht mit der Einmaligkeit einer Hochzeit konkurrieren, aber wollen anmerken, auch wenn ihr mit dem Privatflugzeug zu uns nach Moabit kämt, würden wir uns freuen. Laut anderen Menschen, die mit dem Privatflugzeug herumfliegen, ist ein solches oft sparsamer als ein Panzer, allerdings könnte das nächste Rollfeld weit weg sein, vermutlich sogar außerhalb Berlins. Also nehmt doch lieber das Fahrrad und probiert die neuen Radwege, z.B. an der Müllerstraße. Ja, ihr habt richtig gehört, auch wenn ihr geglaubt habt, dass ihr es zu euren Lebzeiten nicht mehr hören werdet: die Müllerstraße bekommt einen Radstreifen. Krass, oder? Von dort kann man auf einen Radweg über die Fennbrücke nach Moabit rollen und ist direkt schon in der Kulturfabrik, wo wir mit Freiluftgeschichten und Fernwehliedern auf euch warten. Wenn uns der Himmel grollt und Regen schickt, fliehen wir rein ins Slaughterhouse nebenan. Dort wie draußen gelten unsere eigenverantwortlichen Coronaregeln: 'Kontrolliert euch bitte selbst, gewissenhaft, kommt nicht positiv, und es ist ausdrücklich erlaubt, Maske zu tragen!'. Diese Woche begrüßen wir Andreas Liebert, der uns feinsinniges Liedgut mitbringt.
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LIVESTREAM
Einmal im Monat schalten wir den Livestream an, damit auch die mitsehen können, die längst aus Berlin weggezogen sind, oder nie hier gewohnt haben, oder die schon im Urlaub sind, oder aus ganz anderen Gründen nicht vorbeikommen können. Der nächste Termin nach Ferienende: 25.8.
Immer am 3. Donnerstag des Monats.
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