Direkt zum Hauptbereich

Brauseboys am 28.4. (20 Uhr, Kein-G) im Slaughterhouse: Live mit Sebastian Krämer

Wie immer nichts (von Frank Sorge)

Beim Einkaufen bin ich direkt überrascht, dass einige Flaschen Speiseöl im Regal sind. Ich sehe mich verstohlen um, keine versteckte Kamera ist zu sehen, und lege eine Flasche in den Einkaufswagen. An der Kasse dann, während meine Sachen gescannt werden, kommt eine Frau von draußen heran und fragt die Kassierin, ob sie Öl hätten.
"Nein", sagt die, "wo denken Sie hin, alles leer, alles weg, seit Tagen. Kein Mehl, kein Öl."
Kann sein, dass sie kurz davor oder danach meine Flasche über den Scanner zieht. Ich bin zu verdutzt, um schnell zu widersprechen. "Nein, gehen Sie rein, da sind einige...", zu schnell ist die Frau wieder davongeeilt, um es woanders zu versuchen. Die Kassierin schaut nicht auf, keine Miene verzieht ihr Gesicht, meine einzige Erklärung ist, sie glaubt wirklich, dass nichts da ist. Die Frau von draußen ist ihren Erwartungen auch vorausgeeilt, so schnell, wie sie wieder raus ist. Mit ein wenig Hoffnung hätte sie nachfragen können: "Wirklich?" Dann hätte ich Zeit gehabt zu sagen: "Vor ein paar Minuten war noch genug da", und meine eigene Flasche zum Beweis präsentiert. Ihre Suche wäre am Ziel gewesen, die Kassierin hätte gelernt, Erwartungen zu hinterfragen, und ich hätte eine wunderbare Geschichte über Aufmerksamkeit und Verständigung erlebt und niedergeschrieben.
Stattdessen wie immer nichts.
~#~#~#~#~#~#~#~#
Donnerstag, 28.4. /20 Uhr
Kulturfabrik Moabit (Lehrter Str. 35)


Die Brauseboys am 28.4. im Slaughterhouse: Live mit Sebastian Krämer

Fast schon ist ein Drittel des Jahres rum... Das klingt bedrohlicher, als es hoffentlich ist, denn ein Drittel vorbei bedeutet ja auch, ein Drittel ist überstanden, es ist also möglich, dieses Jahr optimistisch in die Zukunft zu schauen. Leicht ist das nicht, denn kaum hat man mal einen kurzen Moment nicht an die Weltlage gedacht, fängt wieder einer mit dem Atomkrieg an. Mann ey, gerade freut man sich noch, eine Flasche Rapsöl im Discounter abbekommen zu haben, denkt man schon wieder an den Untergang der Menschheit. Mittlerweile sind wir viel schlauer als vor hundert oder tausend Jahren, aber es reicht offenbar nicht, in wieder hundert Jahren spätestens wird man nachlesen können, wie schlau wir waren. Was dann dort steht über uns, weiß niemand, aber es ist meine dringende Vermutung, der Kommentar wird ernüchternd und eindeutig. Jedoch in einer Fußnote, irgendwo tief vergraben im Buch der Tage, wird man etwas positives über uns in Moabit finden, ganz sicher, z.B. 'aber auf Lesebühnen funktionierte das erstaunlicherweise mit der Eigenverantwortung in Sachen Corona'. Uns wundert das nicht, denn wir kennen und schätzen unser Publikum für die mitgebrachte Vernunft, Lebensfreude und Lässigkeit. Da schreiben wir nur an die Wand: Kontrolliert euch bitte selbst, gewissenhaft, kommt nicht positiv, und es ist ausdrücklich erlaubt, Maske zu tragen! Wir bleiben friedlich, verknappen nichts, finden weiterhin jeden Donnerstag statt, und haben diese Woche den vielfachen Kabarettpreisträger Sebastian Krämer zu Gast. Hossa auf die Hoffnung!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 18.7. (20 Uhr) mit Susanne M. Riedel, Uli Hannemann & Josias Ender

Kein Boom in Sicht (von Frank Sorge)   Ich kenne einen Ort in Brandenburg, der einen schönen kleinen Bahnhof hat. Es ist fast das Ende einer Bahnstrecke und viele Menschen wohnen hier nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Strecke verkürzt und der Bahnhof fing an zu überwuchern. Gegenüber war jetzt eine Bushaltestelle, die stündlich eine Anbindung an das neue Ende der Bahnstrecke bot. Wirtschaftlich war das offenbar auch nicht, erst wurden die Busse verkleinert, dann ein 2-Stundentakt daraus gemacht. Es sind mindestens zehn oder fünfzehn Jahre seit der Streckenverkürzung ins Land gegangen, am Sonntag fährt fast kein Bus mehr. Der Bahnhof ist immer noch schön, jetzt vor allem schön verwittert. Die ganze Gegend hat sich kaum verändert in den fast dreißig Jahren, die ich den Ort kenne, mal abgesehen vom großen Logistikcenter und seinen LKWs. Dabei ist es nah an Berlin, wo doch sonst alles boomt. Profitiert hat von der Streckenverkürzung mutmaßlich niemand, es wurde nur immer schwer

Brauseboys am 4.7. (20 Uhr) mit Ahne und dem Kreuzmusik-Duo

Zeitstrudel (von Frank Sorge)   Auch im Wedding merkt man, dass die Ferienzeit beginnt. Überall ortsfremde junge Menschen mit Reiserucksäcken, in der Liebenwalder am Hostel heute ein ständiger Strom von Abiturientinnen und Abiturienten aus anderen Bundesländern. Der traditionelle Berlinbesuch zum Schulabschluss, er besteht offenkundig fort.  Als ich spät noch zwei Bier vom Späti hole, kommen sie mir auf dem Rückweg entgegen. Erst gucken sie mich verstohlen an, den wirren Streuner mit den zwei Bierflaschen, vor den leuchtenden Fenstern von Falafelladen und Casino, dann sehen sie hinter mir die kleine Spätkauf-Arena, die sich vor dem Laden draußen um den Fernseher gebildet hat. Denn es ist EM und ein Türkei-Spiel, und wenn es der Öffentlich-Rechtliche Fernsehfunk nicht zeigt, dann macht es der Spätkauf und kein Anwohner und kein Ordnungsamt löst die Arena auf, Ehrensache! Aber es ist lustig, wie die Augen der jungen Berlinbesucher aufgerissen sind. Als würden sie dahinter denken: Was hi

Brauseboys am 20.6. (20 Uhr) mit Tilman Birr & Yunas im Haus der Sinne

Isla del Balkonia (von Frank Sorge)   Was soll ich auf der Alm, im Diesel-Traktorqualm? Was zieht dich noch nach Sylt, der braune Strand? Dass man im Wedding besser chillt, liegt wohl auf der Hand.   Überhaupt in der Natur, störst du im Zweifel nur. Zertrampelst Käfer auf Waldwegen, scheuchst Rehe ins Gebüsch, bist jedem Mückenschwarm erlegen auf der Jagd nach fremden Fisch.   Ich häng heute lieber schlapp auf Isla del Balkonia ab. Im Schatten der Hängegeranien, mit Windrad, Hanfblüte und Grill, ein Buch über Transsylvanien, und mittags schon ein Promille. ­ Brauseboys am Donnerstag, 20.6. (20 Uhr) mit Tilman Birr & Yunas   Haus der Sinne (Ystader Str. 10)   Oleole, das Lesebühnenfieber hält an! Die emotionalsten Texte, die schnellsten Pointenjäger, jede Begegnung ein Knüller, Public Hearings, sympathische Mannschaften, ein Sommerliteraturmärchen! Wir haben sportliche, neue Texte geschrieben und beabsichtigen, diese in der Euphoriekurve des Stadions Haus der Sinne ordentlich zu sk