Opa Hase (von Frank Sorge)
“Glauben denn deine Kinder noch an den Osterhasen?”, fragt sie am Telefon.
“An den Osterhasen, wo denkst du hin? Sie sind sechs und wissen die unglaublichsten Dinge. Nicht aus der Schule natürlich, sondern meistens von YouTube, oft muss ich mit Wikipedia korrigieren. Planeten, Dinosaurier, Tiere, ökologische Landwirtschaft. Im Moment alles, was mit Japan zu hat. Sie haben auch ihre dezidierte Meinung zu Putin, also da ist der Osterhase jedenfalls lange schon Weihnachtsmann von gestern.”
“Dann ist ja gut.”
“Schreibt einfach auf die Karte ‘vom Opahasen’, Wortspiele mögen sie auch. Ach so, wusstest du, dass Japan und Deutschland von der Fläche fast gleich groß sind? Immerhin aber 40 Millionen mehr Menschen in Japan leben. Was dann fast so viele wie in Russland sind, obwohl es in der Fläche, überleg mal, fünfzigmal größer ist.”
“Habt ihr denn noch Mehl bekommen?”
“Ja, klar”, sage ich, “gar kein Problem, ich musste nur zu Öz…”
Ich bekomme ich einen Hausschuh an die Schläfe geworden, aber nur einen weichen mit Hasenohren.
“Ich darf nicht so laut sprechen”, flüstere ich ins Telefon und schließe das Fenster, “nicht, dass die Nachbarn das hören, aber ich sag mal so, es gibt ja nicht nur Penny und Lidl. Ein paar Häuser weiter ist das meiste jedenfalls noch da. Unser Kiez ist sehr global, neben dem asiatischen Supermarkt ist noch der türkische, und der bulgarische, der afrikanische.”
“Ach, da bin ich ja gar nicht drauf gekommen.”
“Die Welt muss zusammenhalten, wenigstens im Wedding.”
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Donnerstag, 21.4. /20 Uhr
Kulturfabrik Moabit (Lehrter Str. 35)
Da sieht man es mal wieder, nach Regen folgt Sonnenschein. Beziehungsweise selbst ohne Regen ist irgendwann Frühling, die Zeichen stehen auf jetzt. Alle müssen dieses Jahr die Gürtel enger schnallen, fettarme Ernährung ist politisch oder einfach Notwendigkeit durch Verknappung. So auch mit dem Regen, ist halt wenig da, ihr Pflanzen, teilt es euch ein. Auch Corona wird knapper im besseren Wetter, die es noch nicht hatten, müssen sich beeilen, sich durch das Abwerfen aller Masken jetzt noch anzustecken, bevor die nächste Kollektion mutiert. Wollt ihr gar nicht? Ah, schön, wir hatten gehofft, dass unser Publikum Vernunft bewahrt und wurden nicht enttäuscht. Wir schreiben also gut lesbar auf die Eingangstür: Kontrolliert euch ab jetzt bitte selbst, gewissenhaft, kommt nicht positiv, und es ist ausdrücklich erlaubt, Maske zu tragen! Wir verknappen jedenfalls nichts, finden weiterhin jeden Donnerstag statt, und haben nicht nur einen Gast, sondern sogar zwei: Jacinta Nandi & Markus Sommer.
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