Unbegründete Hoffnung (von Frank Sorge)
Nach ein paar Wochen außerhalb der Stadt ringt man um Fassung, wenn eine liebgewonnene Baustelle plötzlich fertig und verschwunden ist. Müssen die armen Bauarbeiter nicht auch mal Urlaub machen oder dürfen sie nicht in den Sommerferien? Gepriesen seien die Handwerker, die von sich aus sowieso lieber Ski fahren. Vor dem Losfahren hatte ich natürlich die App gecheckt, weil ich mich vor ein paar Wochen an dieser Baustelle festgefahren hatte. Eine inspirierende Erfahrung und ein komplex zu lösendes Rätsel, denn es gab nicht nur Ersatzbusse, es gab sie auch nicht, und alle übrigen Linien, die sonst die Baustelle kreuzten, fuhren ganz woanders hin. Auf der App jetzt eitel Sonnenfahrplan wie früher, also ganz früher, mit enger Taktung und nicht verspätet. Das machte mich mißtrauisch, aber ich wagte es und fand die Kreuzung kahl und barrikadenlos vor, funktionsfähig, nicht mal eine Markierung auf dem Boden war noch verblieben. Nichts erinnerte an das monatelange Chaos und das Gedächtnis scheute nicht davor zurück, alles ganz schnell zu vergessen. Könnte es doch mal wieder mit anderen Dingen so sein, dachte ich da und fuhr meiner Wege. Aber das war wohl doch eine eher unbegründete Hoffnung.
Donnerstag, 11.9. (20 Uhr)
Haus der Sinne (Ystader Str. 10)
So, es sind hoffentlich alle an ihren Arbeitsplätzen zurück? Sowie angestammten Beobachtungsposten und Spazierpfaden? Wird langsam Zeit, so kann es ja nicht weitergehen mit dem Lotterleben. Ferien? Wovon denn, Ferien von der Erholung? Noch mehr arbeiten sollten wir alle, von früh bis spät und zum Umfallen. Ausruhen dürfen nur die, die Freizeit bezahlen können, und da ist Arbeit ja fast schon ein überholtes Konzept. Abzocken ist doch viel einfacher! Wo jetzt alle wieder da sind hat das Brausekomitee Ost-Wedding im Alleingang und einstimmig beschlossen, die Sache weiter zu beobachten. Wir schauen noch etwas, wo der Wind uns hinweht, lauschen, wo die Grille zirpt. Im Herzen sind wir vielleicht Revolutionäre, aber der Rücken macht auch nicht mehr alles mit. Für den Moment bleiben wir also theoretisch und lesen unsere Manifeste vor der ästhetischen Elite unserer Stadt. Für euch! Entspannt zurück im Haus der Sinne wieder jeden Donnerstag, diese Woche mit der Autorin und Multikünstlerin Anja Gsottschneider und der malawischen Sängerin Nya Go. Da kommt was auf uns zu und wir raten dringend, das nicht zu verpassen!
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