Direkt zum Hauptbereich

Brauseboys am 7.12.: Wedding mit scharf

Ad Astra (von Frank Sorge)

Es ist naturgemäß so, dass Kinder schneller sind als das Bild, das man sich gerade noch von ihnen gemacht hat. Das betrifft jedes Alter, viele Kinder bleiben in den Augen ihrer Eltern zum Beispiel so, wie sie waren, als sie ausgezogen sind. „Mama, ich bin vierzig!“ „Ach ja, stimmt.“ „Ich kann das mit den Schnürsenkeln schon alleine.“ „Komm, ich mach das schnell.“
So sitze ich mit meinen 2-jährigen vor dem Rechner, sie deuten auf ein Vorschaubild der aktuellen ‚Sendung mit der Maus’.
„Aber das ist noch eher für ältere Kinder“, sage ich, „es ist eine ganze Sendung. Es geht um den Mond.“ „Ja!“ Na gut.
Alexander Gerst erklärt die Mondphasen, es ist sehr anschaulich, aber, puh, Planeten, Sonnen, Monde, das ist vielleicht wirklich noch etwas abstrakt. Eine Außenbordkamera der ISS zeigt die Erde.
„Die Erde“, sage ich, „da wohnen wir drauf, eine große Kugel. So sieht die aus dem Weltraum aus.“
„Ich will auch in den Weltraum!“, sagt mein Sohn.
Ich schweige. Was ist da los? Ich wechsel dir die Windeln und du planst schon die Mondfahrt? Mit leichtem Kopfschütteln vertreibe ich den Gedanken, der junge Mann plappert was nach, aber ich will es doch genauer wissen. „Ich will auch in den Weltraum“, sage ich.
„Papa kommt mit?“
„Ja, aber wie wollen wir das machen?“
„Da könn' wir da hoch fliegen.“
„In den Weltraum?“
„Ja.“
Ein paar Minuten später zeigt er mir dann, wie er sich das vorstellt. Aus einer Decke baut er ein Fahrzeug, hier ist das Lenkrad, dort sind Knöpfe. Wir sollen uns setzen. „Könn' wir in Weltraum einsteigen.“
„Ah, das ist dein Weltraum?“
„Ja.“
„Dein Raumschiff“, korrigiere ich, „wo wollen wir hin?“
Meine Tochter daneben deutet an die Altbaudecke. Also fliegen wir einfach los.
~#~#~#~#~#~#~#~#
Donnerstag, 7.12. /20.30 Uhr
Nussbreite (Seestraße 106, nahe U6-Seestraße)


Die Brauseboys - Frische Texte - diese Woche in der Nussbreite
Jeden Donnerstag nehmen Thilo Bock, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann und Heiko Werning ihre frisch geputzten Tastaturen und lassen es klappern.  Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit vierzehn Jahren jeden Donnerstag mit illustren Gästen. 

Eva Mirasol (Rakete 2000)
Bastian Mayerhofer (Wirsing fürs Volk)

~#~

Außerdem:


AUF NIMMERWIEDERSEHEN 2017 - Ab 14.12. bis 6.1. im Comedyclub Kookaburra

Weitere Kommentare zum Weltgeschehen, Satire vom Blatt, Liedgut vom Klavier und Bilder von der Wand in der multimedialen Jahresbilanz der Weddinger Vorlese-Boygroup.



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 18.7. (20 Uhr) mit Susanne M. Riedel, Uli Hannemann & Josias Ender

Kein Boom in Sicht (von Frank Sorge)   Ich kenne einen Ort in Brandenburg, der einen schönen kleinen Bahnhof hat. Es ist fast das Ende einer Bahnstrecke und viele Menschen wohnen hier nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Strecke verkürzt und der Bahnhof fing an zu überwuchern. Gegenüber war jetzt eine Bushaltestelle, die stündlich eine Anbindung an das neue Ende der Bahnstrecke bot. Wirtschaftlich war das offenbar auch nicht, erst wurden die Busse verkleinert, dann ein 2-Stundentakt daraus gemacht. Es sind mindestens zehn oder fünfzehn Jahre seit der Streckenverkürzung ins Land gegangen, am Sonntag fährt fast kein Bus mehr. Der Bahnhof ist immer noch schön, jetzt vor allem schön verwittert. Die ganze Gegend hat sich kaum verändert in den fast dreißig Jahren, die ich den Ort kenne, mal abgesehen vom großen Logistikcenter und seinen LKWs. Dabei ist es nah an Berlin, wo doch sonst alles boomt. Profitiert hat von der Streckenverkürzung mutmaßlich niemand, es wurde nur immer sc...

Heiligabend mit den Brauseboys

Was ich mache, wenn ich nicht den Newsletter schreibe 1.) Eine Strichliste anlegen, wie oft ich das Wort Blitzeis im Radio höre. Überlegen, wie ich mit den Varianten "Blitzendes Eis", "Blitzkrieg", "Blitzer" und "geblitzt wird" umgehen soll. 2.) Pfefferkörner kaufen und in die Pfeffermühle bis zum Rand einkullern lassen, dann eine Brötchenhälfte mit Kassler und Käse belegen und mit Pfefferschrot schwärzen. Mich am frischen Duft der zerrissenen Splitter berauschen. 3.) Aus dem Fenster sehen. Auf der verbliebenen Schneedecke im Hof ist ein Vogel herumgelaufen, offenbar von schwerer innerer Verwirrung betroffen hat er stundenlang in vielfältigen Kreisen sein verstörendes Schneegemälde gemalt. 4.) Zeitung lesen und über Kopenhagen informieren. Der sudanesische Sprecher und "Bremser" heißt Lumumba Stanislaus Di-Aping. Die Ladezeit der Facebook-Fanseite von Thorsten Schäfer-Gümbel ist enorm. Er sagt: "Dem Schneckentempo...

Brauseboys am 3.10. (20 Uhr) mit Michael Bittner und Ivo Smolak

Ungewöhnlich (von Frank Sorge)   Fast 2 Uhr nachts, beim Steuerberater im Hinterhaus brennt noch Licht. Ungewöhnlich, so spät nach Feierabend, aber ich denke, ich weiß warum. Irgendwann muss ja ein Steuerberater auch mal seine eigene Steuererklärung machen. Brauseboys am Donnerstag, 3.10. (20 Uhr) mit Michael Bittner und Ivo Smolak   Haus der Sinne (Ystader Str. 10)   Es ist Tag der Einheit, es wird also ein wenig feierlicher am Donnerstag bei uns zugehen. Vielleicht machen wir mal eine Kerze an, oder eine mehr, als ohnehin immer an sind. Übertreiben muss man es mit dem Feiern nicht, zumal wenn man sich gar nicht so einig ist im Moment. Da wächst man drei Jahrzehnte zusammen und dann sowas, das muss die nächsten drei Jahrzehnte aber besser werden. Dann lassen wir auch wieder die Sektkorken knallen, wie damals an der Sektorengrenze, versprochen! Bis dahin müssen wir uns leider erstmal herbstlich einstimmen, also frieren, schaudern, sorgenvoll auf den Winter schauen. Oder ...