Direkt zum Hauptbereich

Brauseboys am 9.10.: Bunte Blätter

Herbstliche Nachrichten (von Frank Sorge)

Der Lenz ist tot, der Herbst ist da. Auch sonst nur schlechte Nachrichten von Irrsinn und Krieg, wen muss man eigentlich für das Zitat schelten, es gäbe keine schlechten Nachrichten? Mit letztem Rebellionswillen staksen noch leicht Bekleidete durch die Weddinger Straßen, bis doch die Grippe obsiegt. Ich hingegen schließe die Strickjacke und mache mir Gedanken darüber, die Heizung anzustellen. Im Oktober? Vielleicht etwas früh, aber wenn man erfroren ist, ist es zu spät. Ein sogenannter Tralalafon-Mitarbeiter stört mich auf und redet am Tralalafon minutenlang auf mich ein wie der Imam in der Jauch-Show. Er will mich an die "Qualitätsabteilung" verkaufen, aber ich wehre mich. Ich versuche es jedenfalls, es ist mehr passiver Widerstand, denn er lässt mich kaum ausreden und variiert seinen Salm immer neu, während ich beharrlich dazwischen rufe, er könne noch lange das Gleiche erzählen, meine Meinung würde sich nicht ändern. Ein Fehler, denn er erzählt weiter das Gleiche, jetzt mit Aufforderung. Zudem lügt er mir das Blaue vom Himmel herunter, denn bei Tralala arbeitet er gar nicht, gibt er zu, während ich weiter dazu verdammt bin, meine Meinung nicht zu ändern und selbst das nicht ändern kann. Endlich lenkt er ein: "Naja, Herr Sorge, wenn sie einfach nicht einsehen wollen, was für ein gutes Angebot das ist, kann ich auch nichts weiter machen -  ich habe ihnen ja alles erklärt..." Und er erklärt es nochmal.
Gibt es auch gute Meldungen? Wir haben GPS-Zellen im Hirn und die DDR hätte heute 65. Geburtstag gefeiert. Es ist aber einfach nicht vorstellbar, wie diese Republik heute aussehen würde, gäbe es sie noch.

~#~#~#~#~#~#~#~#
Donnerstag, 9.10. /20.30 Uhr
La Luz (Oudenarder Str. 16-20, Osram-Höfe)

Die Brauseboys - frische Texte
Jeden Donnerstag nehmen Paul Bokowski, Robert Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann und Heiko Werning ihre frisch geputzten Tastaturen und lassen es klappern. Die empfohlene Wochendosis Lesebühne, seit elf Jahren jeden Donnerstag mit illustren Gästen.

Gäste:
Annette Kaufhold

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brauseboys am 18.7. (20 Uhr) mit Susanne M. Riedel, Uli Hannemann & Josias Ender

Kein Boom in Sicht (von Frank Sorge)   Ich kenne einen Ort in Brandenburg, der einen schönen kleinen Bahnhof hat. Es ist fast das Ende einer Bahnstrecke und viele Menschen wohnen hier nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde die Strecke verkürzt und der Bahnhof fing an zu überwuchern. Gegenüber war jetzt eine Bushaltestelle, die stündlich eine Anbindung an das neue Ende der Bahnstrecke bot. Wirtschaftlich war das offenbar auch nicht, erst wurden die Busse verkleinert, dann ein 2-Stundentakt daraus gemacht. Es sind mindestens zehn oder fünfzehn Jahre seit der Streckenverkürzung ins Land gegangen, am Sonntag fährt fast kein Bus mehr. Der Bahnhof ist immer noch schön, jetzt vor allem schön verwittert. Die ganze Gegend hat sich kaum verändert in den fast dreißig Jahren, die ich den Ort kenne, mal abgesehen vom großen Logistikcenter und seinen LKWs. Dabei ist es nah an Berlin, wo doch sonst alles boomt. Profitiert hat von der Streckenverkürzung mutmaßlich niemand, es wurde nur immer sc...

Brauseboys am 4.7. (20 Uhr) mit Ahne und dem Kreuzmusik-Duo

Zeitstrudel (von Frank Sorge)   Auch im Wedding merkt man, dass die Ferienzeit beginnt. Überall ortsfremde junge Menschen mit Reiserucksäcken, in der Liebenwalder am Hostel heute ein ständiger Strom von Abiturientinnen und Abiturienten aus anderen Bundesländern. Der traditionelle Berlinbesuch zum Schulabschluss, er besteht offenkundig fort.  Als ich spät noch zwei Bier vom Späti hole, kommen sie mir auf dem Rückweg entgegen. Erst gucken sie mich verstohlen an, den wirren Streuner mit den zwei Bierflaschen, vor den leuchtenden Fenstern von Falafelladen und Casino, dann sehen sie hinter mir die kleine Spätkauf-Arena, die sich vor dem Laden draußen um den Fernseher gebildet hat. Denn es ist EM und ein Türkei-Spiel, und wenn es der Öffentlich-Rechtliche Fernsehfunk nicht zeigt, dann macht es der Spätkauf und kein Anwohner und kein Ordnungsamt löst die Arena auf, Ehrensache! Aber es ist lustig, wie die Augen der jungen Berlinbesucher aufgerissen sind. Als würden sie dahinter denke...

Brauseboys am 11.7. (20 Uhr) mit Martin Hyun & Herr Horst

Premium-Service (von Frank Sorge)   Der Paketbote schickt mich mal wieder durch den Kiez, mal dorthin, mal rundherum durchs Dorf und in die Binsen. Jemand hat ganz offenbar nicht den Job, den jemand machen möchte, denn hier im Haus ist eigentlich immer jemand da, im Zweifel ich. Natürlich kann ich ein Klingeln überhören, aber wenn das monatelang nicht vorkommt, und dann plötzlich in Serie, wird der Herr Kommissar stutzig. Wo waren Sie um 13:47 Uhr am Samstag? Leider steht Aussage gegen Aussage. Die letzte Nuss war hart zu knacken. Die Behauptung, bei der Zustellung wäre etwas schiefgegangen, ein angekündigter nächster Versuch, der nie unternommen wurde, dann in mittlerweile geübter Eigenrecherche und nach mehreren Irrwegen eine mögliche Adresse, wo es hinterlegt war. “Ich hatte etwas Mühe, im Internet herauszufinden, dass mein Paket vermutlich bei Ihnen ist”, sage ich der freundlichen Berlinerin hinter dem Tresen. “Allet klar, ick brauch nur ihr’n Ausweis.” “Bitte! Kam kein Bote, ...