Fernsehgebäck (von Volker Surmann)
Es war nur ein kurzer Klick, aber mit ungeahnten Auswirkungen. Wieso
heißt Spekulatius eigentlich Spekulatius? Aber die Wikipedia schwieg
sich aus. Da hab ich mich wohl verspekuliert, dort was zu finden.
Spekulieren kommt von speculari (spähen/beobachten). Aber was was soll
das heißen? Dass diese Kekse gar nicht zum Essen da sind, sondern nur
zum Angucken? Und zwar aus der Ferne. Fernsehkekse. Mit anderen Worten
Chips. Also was jetzt? Knabbern oder nicht knabbern?
Nein, das Internet muss doch mehr wissen! Spekulatius haben ihre Heimat
im tiefen Westen: Belgien, Niederlande und Westfalen. Anders als in
Deutschland ist in Holland zwar nicht das ganze Jahr über Weihnachten,
aber man isst das ganze Jahr über Spekulatius, erfahre ich. Und auch in
Indonesien isst man Spekulatius, aber Indonesien war ja mal
niederländisch. Es gibt wahrlich Schlimmeres, was die Niederländer den
Indonesiern angetan haben, als ihnen Spekulatius zu hinterlassen.
Das Wiktionary will sich nicht festlegen: Kommen Spekulatius von
speculum (Spiegel/Abbild) und heißen so, weil sie als Keks
spiegelbildlich das abbilden, was die Form ausfüllt (Bauernscheune,
Pferd, Elefant)? Oder sich weil das eigene Spiegelbild nach reichlichem
Genuss wandelt Richtung entsprechendem Abbild (Bauernscheune, Pferd,
Elefant)? Oder kommen die Kekse zu ihrem Namen über verschlungene
mittelniederländische Wege von speculatie (Betrachtung, später auch
Überlegung, Wohlgefallen, Fantasie)? Demnach wären Spekulatius
Fantasiegebäck für Feinschmecker oder gebackener Tischschmuck. Also doch
zum Angucken. Spekulatius - nichts anderes als eine frühe Vorform des
Plasma-TV?
Der Heilige Nikolaus trug übrigens auch den Beinamen Speculator
(Bischof), weil Bischöfe halt auch immer so gucken. Außerdem schaute der
Heilige Nikolaus immer den armen Leuten von fern ins Fenster, um zu
gucken, ob es ihnen gut geht. Also schon wieder Fernsehen. Heiliges
Fernsehen. Und Spekulatius heißen demnach Spekulatius, weil sie
einstmals am Nikolaustage gebacken wurden. Das stimmt natürlich gar
nicht, denn Spekulatius werden heute im August gebacken. Von da können
sie Nikolaus natürlich nur aus der Ferne sehen.
Donnerstag, 8.12. /20.30 Uhr
Mastul (Liebenwalder Str. 33, nahe Osram-Höfe)
BRAUSEBOYS
Neue Texte, Musik und Multimedia mit Paul Bokowski, Hinark Husen, Robert
Rescue, Frank Sorge, Volker Surmann, Heiko Werning und Gästen. Achtung:
Alle regulären Termine im Dezember finden im Mastul statt.
Gäste:
Sarah Bosetti (Couchpoetin)
Danny Dziuk (Leichte Verse, schwere Brocken)
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