Auf dem Papier (von Frank Sorge) Bevor man einen Text schreibt, sollte man in jedem Fall wach sein, man sollte also aufstehen. Im Bett mit offenen Augen einen Text zu schreiben, kann im Moment sehr verlockend sein, diese Ideen werden aber nicht automatisch zwischengespeichert. Man sollte also aufstehen, und man sollte sich auch anziehen. Wenigstens sollte man immer behaupten, man hätte einen Text angezogen geschrieben, gut gekleidet und frisiert, mit frisch gewaschenen Sachen. Wie sieht denn das sonst aus? Einem Paketboten öffnet man auch nicht, wenn er in Unterhose kommt, und eine Verkäuferin im Backshop sollte auch nicht im Schlafanzug Brötchen und Kaffee herausgeben. Man will auch nicht, dass sie im Schlüppi die Brötchen gebacken haben oder im Bademantel Pakete sortieren. Natürlich kann es im Einzelfall verkaufsfördernd sein, im Regelfall aber nicht. Kneipenwirte im Unterhemd schrecken auch Kunden ab und gehen nur im Kontext einer englischsprachigen Kellerbar in Neuköll...
Ein guter Tag für den Döner (von Frank Sorge) Vor zwei Wochen wurde der Schutzantrag der 'International Doner Federation' in Istanbul zurückgezogen, der eine 'traditionelle' Herstellung in der EU vorgeschrieben hätte. Die hat aber mit der Realität nichts zu tun, denn der Döner ist eine Berliner Erfindung. Eine Erfindung mit traditionellen Komponenten, aber ein neues Produkt, das jetzt über fünfzig Jahre eine eigene Tradition in Deutschland hat. Diese Tradition sollte offenbar umgeschrieben, negiert und national rückgedeutet werden. Der Döner ist aber ein Zeichen des Fortschritts, der Wandlung, er steht für Annäherung und Integration. Vor allem ist er auch eine Selbstbehauptung der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland, eine Erfolgsgeschichte, die lange schon global ausgestrahlt hat. In Tokio zum Beispiel redete ich mal mit einem Dönerwirt aus Köln, der sich sehr gefreut hat, jemanden aus der Heimat zu sprechen. Der Heimat des Döners. Saray Keb...